Archiv für die Abteilung 'Undichte Denker'

Der Prophet im Medienbordell

Sonntag, 11. Januar 2015 12:40

Mandelbulb078a_(c)_Soler97

Bröckers-Hirn, Detailausschnitt (Symbolphoto)

Der Journalist Mathias Bröckers hat zwei Berufungen. Die eine, schon etwas ältere, gilt der Legalisierung von Hanf und dessen Nebenprodukten. Die andere hat ihn vor knapp fünf Jahren ereilt, nach den Anschlägen des 11.September: Seitdem ist Bröckers der erfolgreichste Verschwörungsphantast Deutschlands. Unermüdlich, leidenschaftlich, selbstgewiß wie nur je ein Prophet behauptet er, Al-Qaida sei eine Erfindung der amerikanischen Geheimdienste, Osama bin Laden ein Strohmann der CIA, die US-Regierung eine moderne Version der Nazidiktatur, außerdem seien die Mordpiloten bestimmt nicht die wahren Attentäter, und alle Medien, die etwas anderes erzählen, gehörten zu einem gewaltigen Manipulationskartell. Nach zwei Büchern zum Thema, die bei Zweitausendeins erschienen und einige hunderttausend Male verkauft worden sind, hat sich Bröckers im September 2004 von seinem dankbaren Verlag einen ordentlichen Batzen Serverkapazität spendieren lassen, um „die Lunte der Aufklärung“, wie er das nennt, fortan in einem „Writer’s Blog“ kokeln zu lassen.

Weiterlesen

Abteilung: Director's Cut, Man schreit deutsh, Qualitätsjournalismus, Undichte Denker | Kommentare (0) | Autor:

Das Juwel erfüllt einen Hartzenswunsch

Samstag, 23. August 2014 14:35

348Sandbild_im_Sera_Kloster_Ausschnitt_(c)RThieleDer Dalai Lama kommt an diesem Wochenende mal wieder nach Hamburg und erzählt drei Tage lang, was ihm so durch die kahle Rübe rumpelt. Vielleicht ist sogar ein Gedanke dabei.
Um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, eine Veranstaltung allein jenen Fettrandbürgern zu bieten, die ihre Geldgier satt und nun einen gewissen Hunger nach Immateriellem haben (ohne deshalb auf den Cayenne-Zweitwagen und die Drittvilla auf Sylt verzichten zu wollen), bietet der Kundün, deutsch: „Das wunscherfüllende Juwel“, Schülern, Studenten und Hartz-IV-Almosenempfängern vergünstigte Tagestickets an.
Weiterlesen

Abteilung: Kaputtalismus, Undichte Denker | Kommentare (0) | Autor:

Frank Schirrmacher: Das könnte bleiben

Donnerstag, 12. Juni 2014 23:44

Der Tod des FAZ-Feuilletonchefs und -Mitherausgebers Frank Schirrmacher ist bedauerlich wie jeder Tod, und auch sonst besteht gewiß kein Grund zur Freude, daß dieser umtriebige Mann uns plötzlich entrückt ist.

Er war ein Schmock in jeder Faser seines Wesens, ein Meinungs- und Deinungsmacher von Geburt, ein Mann, dem noch so viel Kritik begegnen mochte – er dachte gar nicht daran, daraus zu lernen. Irgendwie imponiert mir solch ignorantes Verhalten – so wie mir damals, mit zehn, im Freibad die etwas älteren Jungs Eindruck verschafften, die vom Fünferbrett Arschbomben vorführten.

Ich bedauere aufrichtig, diesen quirligen Herrn Schirrmacher niemals persönlich kennengelernt zu haben. Ich glaube, daß wir uns leibhaftig richtig interessant ins Gewölle gekommen wären. Und ich halte es für eine metaphysische Frechheit, daß der bestimmt nicht dumme Herr Schirrmacher in einem Alter abtreten mußte, das bei echten Blödbratzen (Leni Riefenstahl, Helmut Schmidt) erst ein Startsignal für die zweite Karriere war. Schade um den Kollegen. Beileid den Hinterbliebenen.

Mein Respekt vor dem Verblichenen soll Ausdruck finden durch die Wiederveröffentlichung einer Parodie, die ich 2006 für die „Wahrheit“-Seite der Taz verfaßte. Sie paßt gruselig gut zum wirklich nicht lustigen Anlaß. (Meine Richtschnur fürs Schreiben von Parodien besteht seit 30 Jahren darin, daß der Parodierte kein kompletter Idiot sein darf, daß er satisfaktionsfähig sein muß. Schirrmacher konnte sich brillant aus jeder Bredouille flunkern. Auch deshalb werde ich ihn vermissen.)
—-
Weiterlesen

Abteilung: Director's Cut, Qualitätsjournalismus, Undichte Denker | Kommentare (0) | Autor:

Popanz-Trio (3): Schmock ‚ n ‚ Schmoll

Dienstag, 15. April 2014 23:08

Das Problem im Umgang mit Popanzen ist der Umgang: Man sollte ihn gar nicht pflegen. Über sie bloß zu reden, gesteht diesen Gestalten eine Bedeutung zu, die ihnen nicht gebührt, denn außer im Gerede besitzen sie keine. Ihre Nullität verschwindet, sobald sie beachtet werden. Allein dieser paradoxen Quantenschweißphysik verdanken Nullsummen wie Alice Schwarzer oder Thilo Sarrazin eine Existenz in der veröffentlichten Welt.

Wenn ich also beim Spiel mitmische, das sie viel besser beherrschen als ich, beim großen Arschposaunen also, werden immer nur sie gewinnen, egal wie sehr ich mich bemühe, sie niederzuringen. Ich bin bloß der Spielverderber.

Henryk M. Broder beleidigte mich mal als „von Neid zerfressenem Autor“, nachdem ich ihn polemisch zergliedert hatte. Das haftet seither an mir wie Taubenscheiße, obwohl ich auf nichts weniger neidisch bin als auf die Existenz als Pausenclown, wie Broder einer ist. Mich gruselt‘s vielmehr davor, so zu werden – so vorhersehbar, so selbstzufrieden, so publikumsgeil wie die Popanze der hierzulande herrschenden Meinung.

Die polemische Auseinandersetzung mit den Vollpfosten, die für „streitbare Geister“ und womöglich Intellektuelle gehalten werden, obschon ein Intellekt sie niemals quälte, ist dennoch nicht verzichtbar. Denn am Ende geht es immer ums Publikum, das solche Vögel groß werden und sich von ihnen die Lieder krächzen läßt, die es am liebsten hört. Wenn ich also einen Popanz beschimpfe, dann meine ich damit immer auch die Hunderttausende, die die Buchstabensuppe dieser Hilfsköche lieber auslöffeln als, sagen wir mal, die erlesenen Speisen eines Hermann Gremliza, Eckhard Henscheid oder, äch-hämm, Gert Ockert.

Weiterlesen

Abteilung: Undichte Denker | Kommentare (3) | Autor:

Popanz-Trio (2): Thilos Sprachfehler

Freitag, 14. März 2014 0:12

Sarrazin muß dringend zum Integrationskurs. Denn er kann kein Deutsch. Wie alle Deutsche, die sich dicke damit tun, Deutsche zu sein, kann der Sarrazin die eigene Sprache nicht. Wie alle Erzchauvinisten tut er dem Besten und Kostbarsten, was seine „Na=Zion“ (Arno Schmidt) zu bieten hat, seiner schönen Mutter Sprache, fortwährend Gewalt an. Und damit meine ich nicht Sarrazins Aussprachefehler, dieses Gefnaufe und Geknifpel, mit dem er die Wörter aus sich rausquetscht, wenn er öffentlich auftritt. Dafür kann er eventuell nichts.

Ich meine seine Mißhandlung des geschriebenen Worts. Sarrazins verfaßten Sätzen eignet der feine Takt von Marschstiefeln, der zarte Klang eines Kasernenhofappells, die süße Melodey einer Luftangriffssirene. To give an example (ein x-beliebiges, ist doch in seinem aufgeschäumten Textdreck jeglicher Satz ein Beispiel): „Durch diese Operationen sind die sichtbaren Formen der Ungleichheit zwischen begabten und weniger begabten Schülern abgeschafft worden.“ Die unsichtbaren Formen erklärt uns dieser Fiesosoph demnächst am Beispiel eines Schattens in der Dunkelheit.

Weiterlesen

Abteilung: Man schreit deutsh, Undichte Denker | Kommentare (0) | Autor:

Popanz-Trio (1): Alice in chains

Donnerstag, 27. Februar 2014 23:04

14 Jahre, eine Scheidung, eine Hochzeit, vier Umzüge und sechs Stents ist es mittlerweile her, daß ich versuchte, dem Publikum zu vermitteln, warum es sich vor den An-, Ab- und Einsichten der Schurnalistin Alice Schwarzer in Acht nehmen bzw. einen Scheiß drauf geben sollte, was diese Frau in die Gegend schwafelt. Gebracht hat mein Buch Who the fuck is Alice?
leider bzw. natürlich nix, obwohl sein Untertitel eine wahre Wohltat verspricht: „Was man wissen muß, um Alice Schwarzer vergessen zu können“. Die Feuilleton-Mafia verhängte seinerzeit die Omertá über mein Buch: Die Öffentlichkeit bekam einfach nicht mit, daß da was war, weil die Verwalter der Meinungen zu meinen keine eigenen äußern mochten.

Seither gab Frau Schwarzer sich alle Mühe, weitere Verwüstungen anzurichten; als Pin-up-Girl von Bild zum Beispiel, als Wahlhelferin für Merkel oder als Niedermacherin Jörg Kachelmanns. Jüngst lief sie herum und blökte, weil es so schön in Ohr und Hirnen schmerzt, Prostitution und Päderastie seien ziemlich dasselbe. Beweise für die steile These hatte sie keine, nicht mal Indizien, aber, hallelujah!, es ging ihr, wie schon immer, ja bloß darum, schamloser als alle anderen zu lärmen. Und abermals verklangen abertausend klügere Stimmen neben ihrem Gebrüll, wie schon immer, seit sie beschloß, sich als Krachmaschine durchs Leben zu schlagen.

Weiterlesen

Abteilung: Man schreit deutsh, Undichte Denker | Kommentare (5) | Autor:

Schwammintelligenz (2): Meinung und Mob

Donnerstag, 2. Mai 2013 14:15

Die Mehrheit stellen in jedem Kollektiv die Arschlöcher.
Hermann L. Gremliza, Konkret 4/2013

Es ist nichts Besonderes, eine Meinung zu haben. Jeder Mensch hat eine, manchmal sogar eine eigene. Leider neigen Menschen dazu, ihre Meinung für etwas Letztgültiges zu halten. Dabei ignorieren sie, daß unter dem Druck der äußeren Umstände nichts sich schneller ändert als die Meinung. Karl Marx hat das als erster erkannt und prägend benannt: „Das Sein bestimmt das Bewußtsein.“ So wandelt sich der Maoist auf der Suche nach einem Auskommen zum Chefredakteur der Welt und der Rechtsanwalt, dem antizionistische linke Meuchelmörder als Mandanten ausbleiben, zum Advokaten judenhassender rechter Totschläger.

Bevor das Internet Karriere machte, war die Veröffentlichung einer Meinung Wenigen vorbehalten. So schimmerte um den Leitartikler, ganz gleich, ob man ihn verehrte oder verachtete, der Nimbus von Auserwähltheit, erglänzte die Meinung, die er zwischen Frühkonferenz und Druckabgabe aus sich preßte, im Schein von Bedeutung. Intellektuelle Brillanz störte dabei eher; der Leser wird nicht gern überfordert und möchte das Gefühl nicht missen, es sowieso besser zu wissen als der Autor. Je schiefer die Metapher, je trivialer die Reflexion, je opportunistischer die Moral, desto wohler fühlte das Publikum sich mit dem Leitartikel. Der heimliche Traum aller treuen Abonnenten war es von jeher, die Stelle des Vorbeters einzunehmen und die Gemeinde „Ja“ und „amen“ sagen zu hören, wenn sie losplärrten: „Rem publicam hab ich stets im Sinn. Man weiss es ja, dass ich ein codex bin. / Alt und jung ruft mir zum Preise, ich bin Saardams größtes Licht.“ Um sich so „klug und weise“ zu fühlen wie der Bürgermeister in Lortzings „Zar und Zimmermann“, setzte der Leser gelegentlich einen Brief auf; aber was der Durchschnittsdepp ergoß, schaffte es so gut wie nie in die kostbaren Spalten.

Weiterlesen

Abteilung: Schwammintelligenz, Undichte Denker | Kommentare (4) | Autor:

Schwammintelligenz (1): Urknallköpfe

Sonntag, 24. März 2013 22:20

Wenn 1.000 Menschen sich versammeln, um ein Problem zu lösen, stehen 999 blöd rum und warten darauf, den einen, der die richtige Antwort findet, anzuspucken und in die Wildnis zu jagen. So geht das schon, seit wir aufrecht über den Planeten laufen. Die ungeheure Sturheit, mit der Menschen ihre Vorurteile und ihr Halbwissen verteidigen, wird allenfalls von der Ranküne übertroffen, mit der sie jeden verfolgen, der nicht so dumm und selbstzufrieden ist wie sie selbst.

Deshalb ist es kaum mehr als eine sympathische Schnapsidee gewesen, vom Internet zu erwarten, es würde die Weisheit der Spezies exponentiell mit jedem angeschlossenen User erweitern und den Traum der Aufklärer, das Mündigwerden des Menschen, endlich realisieren. Wie wir mittlerweile beobachten können, ist die Menschheit eher noch dämlicher geworden durch das weltweite Gewebe und Gewese. Wie sonst ließe sich etwa erklären, daß Ackermann und Spießgesellen nicht in einer Heringskonservenfabrik Fischaugen ausdrücken müssen, sondern nach dem von ihnen angerichteten Schaden noch frecher sich spreizen als zuvor? Obwohl Belege für die skrupellose Geschäftspraxis der Großbanken auf ca. 1 Mio. Servern weltweit geparkt und mit einem Rechercheaufwand von ca. 1 Sek. zu finden sind – wählen die Leute CDU oder Tories oder sonst wen, der alles dafür tut, daß gegen den Wahnsinn als System nichts getan wird. Denn der Mensch mit Maus sucht nicht nach Daten, sondern nach Pornos und Schnäppchen und garantiert erfundenen Klatschgeschichten.

Weiterlesen

Abteilung: Schwammintelligenz, Undichte Denker | Kommentare (5) | Autor: