#FreeDeniz !



Ganz gleich, was eins von den Arbeiten des Journalisten Deniz Yücel oder seinem Hausblatt hält – die mittlerweile acht Tage währende Einkerkerung Yücels ist zweifelsfrei ein Justizverbrechen und Solidarität mit diesem politischen Gefangenen eine Selbstverständlichkeit für alle, die ihren Kopf nicht im Anus spazierentragen.

Warum Protest gegen die Verknastung Yücels ein Gebot der Humanität ist, warum sich jede Süffisanz vor dem Opfer eines Willkürregimes verbietet, haben besonders eindrucksvoll Hasnain Kazim für Spiegel online, Samael Falkner für das Weblog Prinzessinnenreporter und Mely Kiyak für die Zeit aufgeschrieben.

Man hat weniger Ärger mit [Yücel], wenn man ihm seine Freiheit gibt. Und man hat weniger Ärger mit mir, denn ich kann niemals Ruhe geben, solange mein Kollege, Hate-Poetry-Bruder und Freund Deniz Yücel nicht frei ist

sagt Kiyak; nur Dummbeutel und Drecksäcke kämen auf die Idee, ihr nicht beizupflichten, sich ihrer Sache nicht uneingeschränkt anzuschließen.

Der Fall Yücel demonstriert, daß die Verwandlung der Türkei in eine Autokratie so gut wie abgeschlossen ist. Er zeigt aber überdies die Verachtung des Merkel-Regiments für solche Petitessen wie Menschenrechte und Demokratie. Die Kanzlerin, die jüngst in der von ihr gewohnten Schamferne erklärte, für nichts eine Verantwortung zu haben, nicht mal für Angelegenheiten, die niemand als eben sie verantworten kann, dieser Ausbund an Frechheit, Opportunismus und Nullengesinnung, ließ ihren Regierungssprecher seibern:

Die Bundeskanzlerin drückte die Erwartung der Bundesregierung aus, daß Deniz Yücel eine faire und rechtsstaatliche Behandlung erfährt.

Und damit, mit einem arschgeleckten Wischiwaschi-Statement, hat es sich für Merkel. Daß ein Deutscher aus komplett erlogenen Gründen in einer türkischen Zelle hockt, juckt die Entherzte auch deshalb nicht, weil sie zeit ihres Amtierens schon ganz andere Verbrechen ignoriert hat und dergleichen ungerührt hinnehmen wird, so lange wir sie nicht zum Teufel jagen. (Der, mag sein, eine Kaltblüterin wie sie gar nicht haben will. Weil er nur echte Sünder braucht, Menschen, die über eine Seele verfügen, welche sie verkaufen können.)

Bezeichnend auch, daß der Bundespfaffe, der Quatschkopf der „Freiheit“, sein geschmiertes Maul bis heute nicht aufgetan hat, um einem Landsmann in Unfreiheit wenigstens verbalen Beistand zu vermitteln. Dabei hätte Gauck, in diesen jottseidank letzten Tagen seines präserdialen Geschleims und Gegockels, doch Carte blanche und könnte auf den letzten Drücker beweisen, daß er unter Freiheit nicht bloß die der Marktherren, sondern auch die eines echten Menschen versteht. Eines Bürgers überdies, vom dem Schaden abzuwenden der Blubberschädel einst schwur, mit der Hand auf einem Buch, das er vielleicht auswendig kennt, dessen ethische Forderungen er jedoch nie kapiert hat.

Zum Widerling im Bellevue demnächst mehr, zu Merkel noch ein allgültiges Wort von Urban Priol. Er nennt sie eine

Erfindung von Bertelsmann und Springer, von Liz Mohn und Friede S., dem – frei nach Shakespeare – Natterngezücht, an deren Busen die „mächtigste Frau der Welt“ genährt wird, um die Interessen postdemokratischer Wirtschafts- und Finanzvertreter abzunicken.


PS. Was eigentlich ist aus der behaupteten Absicht der Kanzlerin geworden, den Majestätsbeleidigungsparagraphen 103 aus dem Strafgesetzbuch zu entfernen? Nichts? Jep. War klar, ist normal bei diesem Nichts an Charakter, Moral und Prinzipien. Nun muß Donald Trump bloß noch Wind davon kriegen, welche Vorlage die Bundesregierung Protofaschisten wie ihm weiterhin bereithält, um gegen seine Fake-news-Feinde in Deutschland vorzugehen.

Wahrscheinlich ist Merkel die Freiheit der Meinung deshalb absolut wurscht, weil sie eine eigene, das heißt, selbst gebildete und selbstbewußte Meinung nie hatte, niemals haben kann und schlicht nicht versteht, was an derlei wichtig sein soll. – Kein Spruch: Sofern es hilft, dieses nulldimensionale Scheusal loszuwerden, wähle ich Chulz. So weit hat die Unfaßbare mich gebracht! So weit, daß ich mich nicht fassen kann.


Photo (Ausschnitt): „Deniz Yücel“,
by blu-news.org (Deniz Yücel) [CC BY-SA 2.0],
via Wikimedia Commons


Mittwoch, 22. Februar 2017 23:16
Abteilung: Ironie off, Kaputtalismus, Qualitätsjournalismus

3 Kommentare

  1. 1

    Wieso sollte der Feldkurat, der aus dem selben opportunistischen Stall wie der menschgewordene Blazer kommt, sich hierzu äußern? Dieser Kurnaz Yücel hat schließlich auch solch eine böse Philippika wie die Tage J. Roth losgelassen. Daß der Begriff Freiheit bei ihm zu einem jämmerlichen Euphemismus verkommen ist, haben wir vier Jahre genossen.
    Das kommt halt zur Unzeit. Wir haben doch so einen tollen humanitären Deal mit dem Sultan, um unsere latenten Nazis bei der Stange zu halten. Das muß doch auch dieser Schreiberling verstehen.

    Worte und Taten … Als da ist die Regierung:
    Da hat sie im Reichstag zur Redeverzierung
    gewiße Floskeln, gewiße Phrasen,
    tut großmächtig Posaune blasen –
    und die Pressetribüne hört aufmerksam zu …
    Und dann geht alles zu süßer Ruh.

    (Kurt Tucholsky)

    Liebe/r TT, wie könnte ich Ihnen widersprechen? – Danke für das Tucholsky-Gedicht! KS

  2. 2

    Ich bedank mich auch für das Gedicht. Tucholsky-Tigers „Worte und Taten“ hört übrigens so auf:

    „Wenn einer bei uns nur etwas sagt,
    ists gar nicht mehr nötig, daß er was wagt.
    Er muß nur reden, verkünden, bullern –
    ihr werdet schon alle nach Hause kullern.
    Er muß nur bombastisch prophezein –
    nachzuprüfen fällt niemandem ein.“

    Paßt auf die Merkel und ihr leeres Gerede wie der Gauck in die Heeresseelsorge. Ich frag mich allerdings, ob die dreifach zugeknöpfte Soziopathin – die mit ihrem Nichtstun im Fall Yücel übrigens auch auf ihren Amtseid scheißt – sich ebenso teilnahmslos verhielte, wenn, ich sag mal: so was wie der Herr Fleischhauer beim Erdogan einsäße. Und nicht ein weniger bekannter (?) Pressemensch, noch dazu ein linker, mit einem so undeutsch klingenden Namen, deutscher Paß hin oder her.
    Und dann frag ich mich, ob der Schulz, säße er im Kanzleramt, was für den Mann unternähme. Orientierte der Genosse Schulz sich an der Duldungsstarre seines Genossen Steinmeier in der Sache Kurnaz, müßte Deniz Yücel weiterhin aus einem türkischen Blechnapf fressen.
    Aber ich will ihm nichts rein Hypothetisches unterstellen, dem Genossen Schulz, und ich geb es zu: Ich bin schon ein kleines bißchen gespannt, ob er bloß bullert bzw. bellt, oder ob er wirklich Waden beißen wird, sollte er einst die Gelegenheit dazu kriegen. Viel Hoffnung mach ich mir aber nicht. Denn wenn deutsche Sozialdemokraten erst mal in die Position kommen, Schlimmeres zu verhüten, kommt so gut wie nie was Gutes dabei raus. Das Ungute fing nicht erst mit Gustav Noske an („Einer muß der Bluthund sein“) und es wird ganz sicher nicht aufhören mit dem dicken Siggi aka „fetter Mops des Arbeiterverrats“.
    Abgesehen davon: Hunde, die bellen, beißen nicht, oder? Und ausgerechnet bei sozialdemokratischen Kläffern eine Ausnahme von der sprichwörtlichen Regel zu erwarten, das erfordert schon mehr als bloß ein bißchen Hoffnung. Aber die stirbt bekanntlich zuletzt, und wir werden’s ja sehn, vielleicht.

    Ein geschmeidiges Stück Fleisch wie Fleischhauer kann unmöglich in die Verlegenheit eines echten Journalisten wie Yücel geraten. Dummschwätzer und -köpfe hatten von Diktatoren noch nie was zu befürchten. Leute, die den Schlächter bereits im Namen tragen, gleich gar nicht. KS

  3. 3

    Eigentlich ging es mir nicht um den aalglatten Dummschwätzer mit dem sprechenden Namen, ich hätte ihn vielleicht besser gar nicht erwähnen sollen. Mir ging es viel eher um den Schulz und den Arbeiterverblödungsverein, dem er vorsteht. Obwohl er auch ganz schön viel schwätzt in letzter Zeit, ein Dummkopf ist er ja nicht, der Genosse Schulz, und sicher nicht so komplett empathiefrei wie die dumpfe Merkel. Ich glaub nur schlicht und einfach nicht, daß er seinem Gerede vom Mangel an sozialer Gerechtigkeit auch Taten zu dessen Behebung folgen lassen würde, sollte er denn die Gelegenheit dazu bekommen.

    Ich glaube ja auch nur, daß Chulz sich ein bißchen humaner zeigen wird als „das da“ (Priol). So bescheiden bin ich geworden, i. J. Null von Trump. KS

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