Die Spezies hat‘s verkackt (8)

Freitag, 27. Oktober 2017 23:59




Kurz vor Sonnenuntergang ein schwefelgelber Himmel. Früher hätte ich die surreale Schönheit dieses Abendlichts bestaunt und mir gewünscht, so was malen zu können. Mittlerweile kommt mir dergleichen eher wie ein kosmisches Menetekel vor, wie Flammenschrift am Firmament, wie die Vorschau auf eine Welt, in der alles vergehen wird, sogar die Vergangenheit.

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Hey lieber Mann!

Donnerstag, 26. Oktober 2017 1:09


Vorbemerkung: Ich bin 54 Jahre alt. Ich bin glücklich verheiratet. Ich habe seit langer Zeit nicht mehr nach intimen Bekanntschaften gesucht, und ich suche weiterhin keine. Dennoch erreichen mich per E-Mail jeden Tag Avancen blutjunger, bildschöner Frauen, die teils in Osteuropa, teils in Ostasien zuhause sind und sich, ich weiß nicht warum, brennend für mich interessieren.

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Die Spezies hat‘s verkackt (7)

Dienstag, 24. Oktober 2017 22:37

Es gibt eine Notiz von Canetti: „Sich ausdenken,
was Tiere an einem zu loben fänden.“
Es ist eine ungeheure Vorstellung, läßt man sich
auch nur wenige Sekunden auf sie ein.

Jürgen Roth u. Thomas Roth: Kritik der Vögel


Nicht vor der Vielfalt der Nachrichten resigniere, nein, kapituliere ich immer öfter. Sondern vor der täglichen Gigatonne närrischer „News“, vor diesem Gebirge aus Promischrott und Politmüll, das alles in den Schatten stellt, was tatsächlich ins Licht gehörte. Mein Posting über die drohende Auslöschung der Insekten hat kaum angedeutet, wie grotesk, wie irrwitzig die „Top-Themen“ der Qual.medien mir erscheinen, gemessen am Weltuntergang, dessen Teilnehmer, nicht Propheten, wir inzwischen sind.

Angesichts einer Presse und eines Publikums, die den größten Teil ihrer Zeit mit sensationellen Nichtigkeiten vergeuden, während das bißchen Zeit davonrennt, in dem noch etwas bewahrt werden könnte vom kosmischen Wunder, das unsere Biosphäre, also das Leben an sich, darstellt –, angesichts einer Menschheit, die in der eigenen Scheiße erstickt und trotzdem immer mehr Scheiße produziert, nicht zum Zyniker und Misanthropen zu werden, fällt sehr schwer. Doch zum Haß auf die eigene Gattung fehlt mir die Bigotterie, zur Hoffnung, ein Killervirus oder dergleichen könnte unserer Art den Garaus machen, bevor wir die ganze Welt veröden, mangelt es mir an Hoffnungslosigkeit. Trotz allem.
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100 Jahr

Samstag, 21. Oktober 2017 23:59



Dizzy ist nicht nur ein Meistermusiker und der König der Trompete, er ist auch ein brillanter Mensch. Er sagt viele Dinge im Spaß, die einen enormen Tiefgang haben. Du kannst eine ganze Menge lernen, indem du ihm zuhörst. Nicht nur wenn er spielt, sondern auch wenn er spricht. Er kann dir viel sagen, wenn du gescheit genug bist, es zu verstehen.

Percy Heath

Am 21. Oktober 1917 kam in Cheraw, South Carolina, John Birks Gillespie zur Welt, eines der größten Genies des 20. Jahrhunderts, ein Solitär als Musiker wie als Komiker. Seinen Spitznamen „Dizzy“ – was „schwindelig“ heißen kann, „duselig“ oder „rammdösig“ – hatte sich Gillespie bereits als Junge erarbeitet. Bis zu seinem Tod trug der Mann den Witz mit Stolz und gab sich auch sonst Mühe, bloß nicht so ernst zu wirken, wie seine Kunst genommen werden muß.

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Die Spezies hat‘s verkackt (6)

Freitag, 20. Oktober 2017 13:36

An allen Enden dringen die Gase aus der Welthirnjauche,
kein Atemholen bleibt der Kultur und am Ende
liegt eine tote Menschheit neben ihren Werken,
die zu erfinden ihr so viel Geist gekostet hat,
daß ihr keiner mehr übrig blieb, sie zu nützen.
Karl Kraus: Apokalypse (1908)


Die Biosphäre unseres Planeten geht in einem Tempo zugrunde, das sogar bewährte Schwarzseher, also Leute wie mich, überrascht, vom Entsetzen zu schweigen. Am Mittwoch berichtete u. a. die Website der Süddeutschen Zeitung,
was niederländische, deutsche und britische Forscher kurz zuvor auf dem wissenschaftlichen Internetportal Plos one publiziert hatten:

Seit 1989 ist die Masse der Insekten [in Deutschland] um durchschnittlich 76 Prozent zurückgegangen. „Mitten im Sommer, wenn viele Insekten ihren Höhepunkt erreichen, war sogar ein Rückgang von 82 Prozent in den untersuchten Gebieten zu verzeichnen“, schreiben die Autoren.
SZ.de, 18.10.2017

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Idealschlager 2017

Montag, 16. Oktober 2017 23:08


Keiner hat mich richtig lieb
Niemand nimmt mich wie ich bin
Nimmt es einfach einmal hin
Daß ich fühle was ich schrieb.

Kerzen brennen ohne Schmerzen
Laß uns tanzen träumen scherzen!

Rom Paris und Hollywood
Leben wie im Dauerrausch
All das gäb ich für den Tausch
Unsres Rings am Zuckerhut.

Herzen klopfen frei von Schmerzen
Laß uns taumeln streicheln scherzen!

Sterne funkeln in der Nacht
Und der Mond wie Diamant
Und ich reiche dir die Hand
Sieh was Liebe mit ihr macht.

Unsre Herzen heiß wie Kerzen
Laß uns tändeln tauchen scherzen!

Du nur du kennst das Gefühl
Kennst das Sehnen kennst die Sucht
Suchst die Nähe nicht die Flucht
Was ich will ist unser Ziel.

Herzen brennen heiß wie Kerzen
Laß uns küssen kuscheln scherzen
Herzen schlagen frei von Schmerzen
Kerzen herzen Herz in Kerzen!

Photo (Ausschnitt): „Schlagermove 2016 (27750020604)”,
by Marco Verch (Schlagermove 2016) [CC BY 2.0 ]
,
via Wikimedia Commons

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Oktobergold

Sonntag, 15. Oktober 2017 17:40



Anderswo wird Wein gelesen
Irgendwo kippt wer vom Tresen
Jetzt im Monat Nummer zehn.

Anderswo wird Stroh gedroschen
Irgendwo ist wer erloschen
Nun die Blätter rot verweh‘n.

Anderswo wird Laub geblasen
Irgendwo düngt wer den Rasen
Mag noch nicht nach Hause gehn.

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Eine Schanze für den Polizeistaat

Samstag, 14. Oktober 2017 22:15

Vorbemerkung: Wegen der ungeheuren Fülle des Materials und der sich täglich mehrenden Berichte über die Ungeheuerlichkeiten während der G20-Tage ist dieses Dossier weit über das geplante Maß hinausgewachsen, hat die Veröffentlichung dieses Blogposts länger gedauert, als ich es mir mal wünschte. Anläßlich der am heutigen Mittwochabend stattfindenden Demonstration wider die „Hetze gegen alles, was links ist“, habe ich mich entschlossen, zumindest die fertigen Passagen des Manuskripts im „Abfall“ zu plazieren und die Sache als Work-in-progress zu behandeln. Abonnenten des Newsletters werden automatisch über die Fortsetzungen informiert.
KS, 19.7.2017

§ 1 – In der Hetze der Nacht


„Hier ist die gesamte Gesellschaft gefragt: Niemand sollte sich mit Linksextremisten gemein machen, auch wenn es um die vermeintlich gleichen Ziele einer besseren Welt geht.“
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz,
Regierungserklärung, 12.7.2017

„Wer sich unsolidarisch mit seinem eigenen Stadtteil und den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt verhält, der kann nicht immer wieder die Solidarität der Stadt und der Bürgerinnen und Bürger einfordern.
[Frage: War das jetzt an die Autonomen in der Roten Flora gerichtet?]
Ja.“
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank,
Welt.de
, 9.7.2017


Es läuft eine massive Kampagne, alle und alles links von Scholz und Fegebank als „-extrem“, „-radikal“ und – grotesker Höhepunkt des Revanchismus – „-faschistisch“ zu brandmarken. Diese Kampagne verfängt bei denen, die sowieso immer wußten, warum sie ihre Feinde „Zecken“ nennen, aber auch bei solchen, die das Interesse ihrer Klasse bedroht sehen von z. B. 76.000 Menschen,
die in allem Frieden ihrer Hütten den Palästen den Krieg erklärten.

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