Archiv für die Abteilung 'Aufgelesen'

Hundstage (2): Kubikparadoxon

Donnerstag, 20. August 2015 9:00

Neyisse_Ausschnitt_(c)_Lucyin

Ziemlich symbolisches Photo

Was ich von Dortmund halte, welche mehr oder weniger lichten Momente ich dort hatte, können Sie seit ein paar Monaten in diesem Weblog nachlesen.

Wo Dortmund richtig düster ist, finster wie ein Windhundarsch, hat Wolfram Götz mir gestern abend im Deutschlandfunk geschildert. „Warum Dortmunds brauner Sumpf nicht austrocknet“, heißt Götz‘ ebenso lesens- wie hörenswerter „Hintergrund“ über den Einfluß, die Anführer und die Motive der bekennenden Nazis in der Stadt.

Bemüht, polemische Töne zu vermeiden und sich auf die Beschreibung zu beschränken, unterläuft Götz allerdings eine Formulierung, auf die ich im Leben nicht gekommen wäre. Sie betrifft Dennis Giemsch, für den braunen Haufen „Die Rechte“ als Nachfolger des rasch gescheiterten Borussenfrontlers Siegfried („SS-Siggi“) Borchardt in den Dortmunder Stadtrat eingerückt. Giemsch sei in den Stürmerreihen der „Rechten“ deren, Achtung –:

intellektueller Kopf

Das muß Weltrekord sein: drei Paradoxa in zwei Wörtern! Dergleichen kommt wahrscheinlich davon, wenn eins mit Nazis objektiv und fair umzugehen versucht: Man verheddert sich in lauter Widersprüche. (Sonst jedoch ist, siehe oben, dem DLF-Autor ein braves Stück gelungen.)

Photo: Neyisse by Lucyin (Ausschnitt),
via Wikimedia commons (CC BY-SA 3.0)

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Aufgelesen (2): Gegeninformationen

Montag, 23. Februar 2015 23:48

Spiegel online berichtet heute, daß „die Behörden“ in Nordrhein-Westfalen ein Verbot des braunen Haufens „Die Rechte“ prüfen. An Belegen für die Verfassungsfeindlichkeit der Truppe mangelt es nicht. Denn ihr Anführer heißt Christian Worch, wurde einst angelernt vom Hitler-Wiedergänger Michael Kühnen, ist seit bald 40 Jahren natioaktiv, durfte sich ein paar Wochen im Knast als Märtyrer der Bewegung aufplustern, leugnet den Holocaust und bringt auch sonst alles mit, was man von einem, mit Karl Kraus zu sprechen, Arischgesicht erwarten darf.

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Aufgelesen (1): Reformalitäten

Montag, 5. Januar 2015 23:51

Gregor Peter Schmitz residiert als, hui!, „Europa-Korrespondent“ für Spiegel online in Brüssel und ist auch sonst ein Qualitätsjournalist wie aus dem Bilderbergerbuch. Das heißt: Er hat zwar zu allem eine vorhersehbare Meinung, aber weil der Kerl es mit der Sprache nicht so genau nimmt, weiß der Leser ebenfalls nicht so genau, was Schmitz denn gerade zur Meinung machen möchte.

Beispielsweise schreibt die Brüßlerspitzenkraft heute in einem Kommentar zum herbeispekulierten Austritt Griechenlands aus dem Euro-Imperium:

Reformhaus_SPON_05-01-15

Worum es sich bei diesen Aufgaben im Reformhaus wohl gehandelt haben mag? Dinkelvollkornmehl kaufen? Folsäuretabletten besorgen? Gesichtsschmiere ohne Zusatzstoffe erwerben? – Es ist schon ein Kreuz mit der großen Freiheit, welche die deutsche Sprache beim Bilden von Komposita gewährt, zumal wenn ein Neoliberaler sie wahrnimmt. Denn so, wie solche Masterminds das Wort „Reform“ mißbrauchen, straft die Sprache, die zwar jede Lüge erlaubt, nicht jedoch duldet, sie mit Blamagen ab, die sensiblere Menschen in die Nachsitzecke nötigten.

Ebenfalls heute prangt übrigens im Ressort „Gesundheit“ von Spon ein Artikel über die Emetophobie, also die Angst vor dem Erbrechen bzw. Erbrochenen (mit einem sagenhaft blöd ausgewählten Symbolphoto).

Schon frag ich mich, warum ich mindestens einmal am Tag bei der Zwillingsschwester von Bild.de ins Irreformhaus gucke. Ist dies nicht gleichfalls ein „Ekel, der das Leben beherrscht“? Allerdings mit Lust am Übergeben – also so etwas wie Emetophilie?

Und, im Ernst: Gibt‘s dagegen Präparate (möglichst ohne Wechselwirkung mit meinen Blutgerinnungshemmern)? Um Karatschläge wird gebeten.

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