Archiv für die Abteilung 'Die spitze Feder'

Anständige Menschen

Sonntag, 6. März 2016 1:20

Emmakreuz_(c)_Kay_Sokolowsky

Vorschlag für ein zeitgemäßes Emma-Logo (zu verschenken)

Jeder hat die Bewunderer, die er verdient:

Auf die Frage, warum er den Islam alsi„Aggressionsreligion“ bezeichne, erklärt ein NPD-Autor [vor dem Bundesverfassungsgericht; K. S.], auch Alice Schwarzer habe doch vor der Islamisierung der Gesellschaft gewarnt.
Spiegel online, 4.3.16

Sie hat noch weiteres getan, was in den Mördergruben, die gewisse Autoren statt Herzen haben, gut aufgehoben sein dürftei–: Leni Riefenstahl, beispielsweise, zum Opfer* umdeklariert oder, betreffs der Zustände zu Silvester zwischen Kölner Dom und Bahnhof, dies daherspekuliert:

Doch der Terror kam (noch) nicht aus der Kalaschnikow oder von Sprengstoffgürteln, er kam aus Feuerwerkspistolen und von Feuerwerkskrachern. Und von den grabschenden Händen der Männer. Die Jungs üben noch. (…)
Hat der deutsche Staat also punktuell sein Gewaltmonopol schon verloren und gibt es längst rechtsfreie Räume, auch mitten in Deutschland? (…)
Wenn wir sie [die männlichen Flüchtlinge; K.S.] nun bei uns aufnehmen, haben auch sie das Recht darauf, eine Chance zu bekommen: die Chance, anständige Menschen zu werden.
Aliceschwarzer.de, 5.1.16 [Kursivierung von K. S.]

Und was tun anständige Menschen so? Darüber weiß jemand mehr als punktuell bescheid, der bei der NPD zweifellos auch einen guten Ruf hat, ein staatlicher Gewaltmonopolist namens Heinrich Himmler:

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Abteilung: Die spitze Feder, Man schreit deutsh, Qualitätsjournalismus | Kommentare (3) | Autor:

Anm z Staatsakt f HptM dR EiKr 2 H. Schmidt

Montag, 23. November 2015 23:28

Heute mittag – elf Kilometer weiter südöstlich, im Hamburger Michel, wird des deutschen Michels populärsten Oberlehrers gedacht – sitze ich in unserer Balkonloge und beobachte, was vor der großen Kita gegenüber passiert. Da stehen drei kleine Mädchen im zerfledderten Gebüsch am Drahtzaun und plappern aufgeregt durcheinander; ich kann ihre Gesichter nicht sehen, nur winzige Winterstiefel und blaßgefrorene Hände. Dann erhebt sich eine der hellen Stimmen: „Meine Mutter ist tot!“ Das klingt nicht trotzig oder zornig, sondern wie die fundamentale Wahrheit der Welt. Die anderen Kinder schweigen sofort. Die Verwaiste ruft ein weiteres Mal: „Meine Mutter ist tot!“ Und noch ein drittes Mal mit einer reifen Sachlichkeit, die keinen Widerspruch zuläßt: „Meine Mutter ist tot!“ Dann verschwinden die Mädchen still im Gebäude.

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Abteilung: Die spitze Feder, Zeuge der Geschichte | Kommentare (3) | Autor:

Freiheit? Wie Sie meinen.

Mittwoch, 18. Februar 2015 23:59

Satyricos_Spitze-Feder_Aufmacher_(c)_Kay_Sokolowsky

„Die spitze Feder“(c) Satyricos

Gestern abend habe ich hier (bzw. etwas weiter unten) einige fundiert unsachliche Glossen zur angewandten Postdemokratie in Hamburg veröffentlicht. Die Texte, die jetzt im Blog zu lesen sind, weichen an vier Stellen erheblich von der roheren Fassung ab. Das hatte dreimal rechtliche Gründe, die letzte Streichung war außerdem Stil und Geschmack geschuldet.

Während dieses Akts der Selbstknebelung habe ich mich nicht zum ersten Mal gefragt, woher so viele Leute die Einbildung nehmen, in Deutschland könne jeder immer alles sagen, was er meint, schreiben, was er denkt. Vom Gummiparagraphen der „Beamtenbeleidigung“ haben sie offenbar so wenig läuten hören wie von Herbert Marcuses Terminus „Repressive Toleranz“.

Tatsächlich gibt es nur eine, eher kleine Zensurbehörde in der BRD, die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM). Man nimmt sie kaum als Zensurbehörde wahr. Denn sie bannt nicht das Werk selbst, sondern allein dessen Vertrieb an Minderjährige. Das ist ein Prachtexempel für repressive Toleranz in der Praxis. Gewiß, gewiß, weit, weit weg von einer Reichsschrifttumkammer, einer Glawlit, einem Index Librorum Prohibitorum etc. Aber das war nicht immer so und muß auch nicht so bleiben. Weil die BPjM grundsätzlich ethisch, nicht wissenschaftlich, argumentiert, kann sie alles indizieren, was kulturell aktuell nicht behagt. Ein einziges dem Philister in der Zwölferjury mißliebiges Wort, nur ein seine Sehkraft überforderndes Bild: Und das Buch und der Film verschwinden für 25 Jahre im Giftschrank.

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Abteilung: Die beste aller Welten, Die spitze Feder, Kaputtalismus, Selbstbespiegelung | Kommentare (2) | Autor:

Die spitze Feder (5): Beim Quark des Propheten

Mittwoch, 19. September 2012 12:00

Eine Wiederholung aus gegebenem Anlaß:

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„Wer Angst hat, der hat schon verloren“ (3)

Freitag, 20. Juli 2012 9:00

Er zählte zu den führenden Karikaturisten der alten BRD. Seine Cartoons waren Tagesgespräch und oft auch Skandal. Doch mit der Wiedervereinigung wurde es still um Satyricos: Sein hintersinniger Humor war in der „Spaßgesellschaft“ der 90er nicht mehr gefragt. Im „Abfall aus der Warenwelt“ feierte der Altmeister vor kurzem ein sensationelles Comeback. Letzte Folge eines Porträts der berühmten „spitzen Feder“.

Sie küßten und sie schlugen ihn
Das Ende der Ära Schmidt bereitete Satyricos großes Kopfzerbrechen. „Nicht nur politisch“, gesteht er, „sondern auch künstlerisch. Ich habe Helmut Kohl nie in den Griff bekommen. Erst viel später wurde mir klar, warum. Wenn ein Mensch wie eine Witzfigur aussieht, dann läßt er sich nicht karikieren. Dasselbe gilt heute für Thilo Sarrazin. Oder Rainer Brüderle. Unter ästhetischem Aspekt unmögliche Typen! Vom Rest nicht zu reden.“

   Er führt mich in sein Atelier. Mitte der Achtzigerjahre erwarben die Kreuners ein gemütliches Häuschen im Frankfurter Vorort Nieder-Eschbach. Satyricos‘ Zeichentisch steht vor einem Panoramafenster mit Blick auf einen großen, liebevoll verwilderten Garten. „Die Natur!“ ruft er aus. „Das Grün und die Vögel! Ich möchte das nie mehr missen.“ Unter Kennern hochgeschätzt sind seine Blumenstilleben in Öl und zumal seine Tieraquarelle. Die signiert er allerdings mit bürgerlichem Namen: „Einem Cartoonisten traut ja niemand zu, auch mal ernst werden zu können.“

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„Wer Angst hat, der hat schon verloren“ (2)

Montag, 16. Juli 2012 14:25

Er zählte zu den führenden Karikaturisten der alten BRD. Seine Cartoons waren Tagesgespräch und oft auch Skandal. Doch mit der Wiedervereinigung wurde es still um Satyricos: Sein hintersinniger Humor war in der „Spaßgesellschaft“ der 90er nicht mehr gefragt. Im „Abfall aus der Warenwelt“ feierte der Altmeister vor kurzem ein sensationelles Comeback. Teil zwei eines Porträts der legendären „spitzen Feder“.

Ein Strich schreibt Geschichte
In den folgenden Monaten flatterten fast täglich neue Flugblätter von Satyricos durch die „Frontstadt“. Vor seinem scharfem Spott war niemand sicher – auch nicht „Heilige“ der Studentenbewegung wie die Bewohner der „Kommune 1“. Allerdings gab es ein Problem: Die frühen Bewunderer des zeichnenden Spötters wußten oft nicht, wie sein Pseudonym ausgesprochen wird. „Mein erster Autograph“, bekennt er heute schmunzelnd, „war etwas zu ambitioniert. Die einen sagten ‚Atyricos‘, andere ‚Tyricos‘. Und diejenigen, die den Kringel richtig entzifferten, stritten sich mit dem Rest. So kann man natürlich nicht berühmt werden.“ Also änderte er – wiederum von der Liebsten klug beraten – das Logo in die bis heute gültige Form.


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Abteilung: Die spitze Feder, Selbstbespiegelung | Kommentare (0) | Autor:

„Wer Angst hat, der hat schon verloren“ (1)

Samstag, 14. Juli 2012 13:00

Er zählte zu den führenden Karikaturisten der alten BRD. Seine Cartoons waren Tagesgespräch und oft auch Skandal. Doch mit der Wiedervereinigung wurde es still um Satyricos: Sein hintersinniger Humor war in der „Spaßgesellschaft“ der 90er nicht mehr gefragt. Im „Abfall aus der Warenwelt“ feierte der Altmeister vor kurzem ein sensationelles Comeback. Ein Porträt der legendären „spitzen Feder“.

Lehr- und Wanderjahre eines Unangepaßten
Berlin 1967. Die Jugend begehrt auf gegen Schah-Besuch, Springer-Verlag und den Muff von tausend Jahren. Vor diesem rebellischen Hintergrund geht der Stern eines Künstlers auf, dessen eigene Geschichte wie ein Spiegelbild seiner Zeit wirkt – Satyricos. Ein Witzbild, auf Blaumatrize gekratzt und heimlich in einer Weddinger Hauptschule vervielfältigt, geht wie ein Kassiber von Hand zu Hand … Und über Nacht steht die „Frontstadt“ kopf.

   „Nein“, sagt Satyricos heute bescheiden, „nein – das war kein Meisterwerk. Ich würde mittlerweile vieles anders zeichnen. Die Schere zum Beispiel: Sie wirkt zu nett, zu niedlich.“ Doch damals, meint er, habe bereits diese Andeutung ungeheuer provoziert. „Das waren derart spießige Jahre, man macht sich heute keinen Begriff davon! Aber die jungen Leute, die waren hellwach. Und sie haben beim Lachen den Kopf nicht verloren.“

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Die spitze Feder (4): Urin et orbi

Donnerstag, 12. Juli 2012 18:35

 © Satyricos

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