Archiv für die Abteilung 'Bored beyond belief'

Nullenquartett (3): Rainald Goetz

Sonntag, 23. Oktober 2022 0:17



Es ist selten ein Vergnügen, eigene Texte wiederzulesen, die seit Jahrzehnten im Digitalsarg begraben liegen. Wie der Mann, so ändert sich sein Stil, und was ihm einst blitzgescheit vorkam, erscheint heute witzlos, wenn nicht gar trüb, und etwas eitel.

Nicht so bei der folgenden Abrechnung mit einem der Überschätztesten des heimischen Literaturbetriebs. Die hat immer noch Biß und Feuer, und für mehrere Formulierungen möchte ich meiner jüngeren Ausgabe gar auf die Schulter patschen und zubrummen: „Brav. Bravo.“ Verbessern mußte ich an dem Artikel, der erstmals in KONKRET 2/2000 veröffentlicht wurde, kaum etwas. Und die Manierismen, die ich damals pflog, stehen immerhin in würdiger, unschwer zu erratender Tradition.
K. S.

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Schon faul!

Es gibt eine Sorte Literatur, die ist so doof, daß sie nicht mal die Klugheit besitzt, Langeweile zu vermeiden. Und zwar nicht die gediegene, einschmeichelnde, utopische Langeweile, die weite Passagen der Goetheschen Prosa durchweht und alle Romane Tolstois, diese dem Weltall gleichsam einen Takt und was Humanes verleihende Langeweile (von „herrlichen Längen“ wird zu Recht bei Schubert geschwärmt, herrlicher nur die Zettelkastenleviathane Jean Pauls). Die super-, ach was: megadoofe Literatur freilich hat gar keinen Begriff von tröstender, erhabener Langeweile; sie produziert vielmehr die üble und nervtötende, die rasende Langeweile, den blanken und blöden, das passendere Fremdwort einzuführen, Ennui. Aus welchem heraus diese Literatur übrigens auch entsteht: Sie ist das Werk von Dilettanten und wird ausschließlich von anderen Dilettanten goutiert, die, wenn man Pech hat, und man hat ja immerzu Pech, irgendwann selber anfangen, ihren Ennui in die Welt hinauszuschreiben.

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Abteilung: Bored beyond belief, Director's Cut, Qualitätsjournalismus | Kommentare (1) | Autor:

Jubiläumsansprache

Montag, 6. Juni 2022 19:08

Vor genau zehn Jahren startete ich – ohne besondere Erwartungen, aber mit etwas ästhetischem Ehrgeiz – meine Art Internetnotizbuch und war ziemlich stolz auf seinen doppel- bis dreideutigen Titel; bin es übrigens noch heute.

Mir gefiel, als alles anfing, die Vorstellung, Textbrocken und dubiose Gedankenfragmente, die sonst in der Schublade verschwunden wären, in die Wucherwüste des WWW zu pflanzen, wo sie, wie der kluge Stefan Ripplinger mal bemerkte, erst recht vergessen werden. Ich hatte keinen anderen Ehrgeiz als den, Satzgefüge, Skizzen und Spielereien zu veröffentlichen, die einem seriösen Redaktör anzudrehen ich nie den Schneid hätte. An diesem Vorsatz hat sich in zehn Jahren nur wenig geändert, auch wenn ich mich nicht immer daran hielt

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Abteilung: Bored beyond belief, Inside "Abfall", Selbstbespiegelung | Kommentare (14) | Autor:

The Happy Eggheads in: Zeitschleife

Sonntag, 4. April 2021 15:00


FRAU EIERMANN. Meine Güte, wie siehst du denn aus?

HERR EIERKOPF (seufzt). Wie einer, der von einem mit Infektionshandschuhen bemalt wurde.

FRAU EIERMANN. Du solltest den verklagen!

HERR EIERKOPF. Ich würde ja klagen. Aber wer hört zu?

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Abteilung: Bored beyond belief, SARS-CoV-2, Unerhört nichtig | Kommentare deaktiviert für The Happy Eggheads in: Zeitschleife | Autor:

The Happy Eggheads in: Social Distancing

Sonntag, 12. April 2020 13:21


FRAU EIERMANN. Meine Güte, wie siehst du denn aus?

HERR EIERKOPF (seufzt). Wie einer, der von einem mit Infektionshandschuhen bemalt wurde.

FRAU EIERMANN. Du solltest den verklagen!

HERR EIERKOPF. Ich würde ja klagen. Aber wer hört zu?

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Abteilung: Bored beyond belief, SARS-CoV-2, Unerhört nichtig | Kommentare (0) | Autor:

Schnipsel: Silvester 2019

Dienstag, 31. Dezember 2019 17:31


Gestern begriff ich, daß morgen ein neues Jahr beginnt.

Deshalb habe ich heute eine abgegrabbelte Kladde nach Texten durchgeflöht, die irgendwie zum Finis/Initium anni passen. Und, hallo!, ich fand einige Stückchen, die den Druck nicht verdient haben, aber hier, in dieser Art Notizbuch, eine passable Figur machen.

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Abteilung: Aphone Aphorismen, Aufgelesen, Bored beyond belief, Kaputtalismus, Lieder ohne Werte, Schnipsel, Selbstbespiegelung, Unerhört nichtig | Kommentare (7) | Autor:

Die Wette gilt

Samstag, 26. Oktober 2019 0:48

Weil ich – aus artistischem Verdruß und allgemeiner Scheißegalität – mit dem letzten Teil meiner Schlz-Serie nicht & nicht zu Topfe komme und weil ich andererseits bereits in der ersten Episode großmäulig behauptete, die künftigen SPD-Häuptlinge längst zu kennen –:

Plaudere ich nun und auf die Schnelle* aus, wer demnächst die grauste der Parteien abwickeln wird. – Seit sie am 28. August ihre Kandidatur erklärten, sind Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans die Favoriten, auf die ich setze und auf die ich viel Geld wettete, gäb‘s für so was einen legalen Buchmacher.

Ach ja –: In der Stichwahl, die vor der Inthronisierung erfolgt, müssen die beiden sich mit den Seeheimer-Zmbs Schlz & Gwtz messen. Howgh! ich habe gesprochen, und ha! ich weiß das seit zwei Monaten. Aber mich fragt leider keiner, schon gar nicht honoriert.

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* Denn in ein paar Stunden wird das Resultat der „Ersten Mitgliederbefragung“ veröffentlicht.

Photo: „CrystalGlobebyMathildeWeil“,
by Mathilde Weil [Public domain],
v
ia Wikimedia Commons

Abteilung: Bored beyond belief, Kaputtalismus, Man schreit deutsh | Kommentare (13) | Autor:

Blüten zur Sonne, zur Freiheit

Donnerstag, 22. August 2019 19:25

Abteilung: Bored beyond belief, Unerhört nichtig | Kommentare (3) | Autor:

Grüße von Amrum

Freitag, 9. August 2019 20:57

Lieber Orthwien,
jeden Morgen, jeden Mittag, jeden Abend und meist auch in der Zeit dazwischen sitzt ein Austernfischer auf dem Dach unserer Pension oder dem First des Nachbarhauses und ruft: „Gehweg! Gehweg! Gehweg!“ Unermüdlich, ohne Rast, und nach vielen Stunden genauso lautstark wie zu Beginn. Gelegentlich jagt ein Trupp seiner Artgenossen knapp über die Dächer hin zum nahen Watt und schreit im Chor zurück: „Fick! Fick! Fick!“ Und so was steht unter Artenschutz.

PS. Wenn der Austernfischer doch mal eine Essenspause einlegt und zum Strand windsurft, stehen sogleich zwei Tauben auf seinem Stammplatz und – kein Witz! – turteln.

PPS. Ich bin mies in Nordfriesisch: Es mag also sein, daß die Austernfischergangs nicht „Fick! Fick! Fick!“ rufen, sondern „Fisch! Fisch! Fisch!“ (Könnten diese Krawallgeschwister aber gern leiser tun.)

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Weitergrüßen

Abteilung: Aphone Aphorismen, Bored beyond belief, Selbstbespiegelung, Sommerfrische, Unerhört nichtig | Kommentare (2) | Autor: