Montag, 21. März 2016 23:56
Beim Kombüsendienst am Abend höre ich das hier in den Nachrichten des Deutschlandfunks:
… Guido Westerwelle im Alter von 54 Jahren verstorben. Er lebte mit seinem Mann in …
„Mit seinem Mann“ –: Diese Formulierung, unbefangen geäußert in einem gewiß nicht gegenkulturellen Medium, zählt zu den wenigen, den echten Fortschritten der neuesten Zeit.
—Zur Entspannung beim Umgang mit Homosexualität (jedenfalls in Westeuropa), hat der schwule Vizekanzler Westerwelle, so gut er es verstand, offenbar etwas beigetragen. Nämlich als Inspiration zu einer unverklemmten Radiomeldung; und dafür darf man sich des Menschen gern erinnern.
—Ohne je zu vergessen, wie der Politiker – vielleicht zum Ausgleich, vielleicht um die Philister unter den Klienten zu beruhigen – degoutante Kreativität entfesselte, wo es galt, arme Schlucker zu diffamieren („spätrömische Dekadenz“) oder den Förderern seines Wahlvereins Dank zu erstatten auf Kosten der Allgemeinheit („Hotelsteuer“).
—Ein Mensch – das nehme ich an, weil ich weiterhin generös gegen den Guidomobilmann gestimmt bin –: Ein Mensch kann in seinem Leben maximal einen einwandfrei idealistischen Kampf führen, und er vergißt, ich kenn mich da aus, darüber viele entscheidende Dinge. Das macht den guten Kampf allerdings nicht schlecht.
PS. Vielleicht bin ich auch deshalb so nachsichtig mit Westerwelle, weil einer wie er, neben Wirsinddasvolksvertreter wie Höcke oder Gauland gestellt, die erste Wahl wäre: ein Liberaler nicht zuletzt im Umgang mit dem politischen Gegner. Und ich werde die Ahnung nicht los, daß wir gelernten Guido-Spötter bald schon alle die alte Westerwelle-FDP vermissen werden; und zwar um so schmerzlicher vermissen, je schamferner und gemeiner deren Nachfolgeorganisation AfD sich spreizt.