Archiv für die Abteilung 'Moving Movies'

Director’s Cut (4): Das Scorsese-Treatment

Samstag, 17. November 2012 20:00

Die Serie „Director‘s Cut“ versammelt Texte von mir, die bereits vor Jahren, aber nie in ihrer ursprünglichen Form erschienen sind. Hier sind sie endlich so zu lesen, wie sie mal gedacht waren, bereichert um Szenen oder Exkurse, die einst an den engen Grenzen des Layouts scheiterten, beschnitten um Sätze und Formulierungen, die dem Autor heute eher peinlich sind. Für jede Neupublikation gibt es einen Grund – heute ist es der 70. Geburtstag Martin Scorseses, des größten Filmregisseurs nicht nur unserer Zeit.

Vorspann:
„Kino und Religion, das ist mein Leben. Sonst nichts.“
Sagt Martin Scorsese, das größte Genie, das Hollywood seit John Ford zu bieten hat. Er verfertigt Filme, die wirken wie Katechismen der Kinokunst; und redet er über Gott, wird ein greller Reißer namens „Kap der Angst“ daraus. Besessener Perfektionismus, eine fanatische Lust an Selbst-
zerstörung und Bildersturm durchziehen sein Werk; und obschon dieser zartgebaute Mann bestimmt noch keiner Fliege was zuleide getan hat, macht ihm die Inszenierung von Gewalt so leicht keiner nach. (Freilich machen sie alle, von Oliver Stone bis Quentin Tarantino, es ihm nach.) Ein Regisseur, der nichts mehr fürchtet und haßt als die Arbeit am Set. Ein glühender Katholik, der sich dreimal scheiden ließ und auch seinem Herrn – in der „Letzten Versuchung Christi“ – einen vernünftigen Beischlaf gönnt. Ein durchaus widersprüchlicher Charakter. Und darum lassen seine Filme, im Guten wie im Bösen, keinen kalt.

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Bored beyond belief (10): Hotel Kubrick

Sonntag, 4. November 2012 1:08

Wenn ich mir jetzt einen Baseball kaufe und ihn den lieben Tag lang gegen die Wand schmeiße … Wenn ich nie mehr etwas anderes schreibe als: „All work and no play makes Kay a dull boy“ … Wenn ich mit Barkeepern rede, die gar nicht da sind, und wenn ich eine mehr als bedenkliche Beziehung zu Feueräxten entwickle … Dann liegt es nur daran, daß ich in der Nacht zum 2. November im „Overlook“ übernachtet habe. Ja, genau, in dem Hotel aus Stanley Kubricks „The Shining“.

Zugegeben, die Herberge, in der ich mich aufhielt, heißt in Wirklichkeit nicht so, und sie steht auch nicht in den verschneiten Rocky Mountains, sondern im verregneten Hannover. Aber warum Jack Torrance jeden Bezug zu Welt und Wirklichkeit verliert, nachdem er das „Overlook“ betreten hat – das habe ich nun erst richtig begriffen.

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Abteilung: Bored beyond belief, Moving Movies, Selbstbespiegelung | Kommentare (4) | Autor: