Director’s Cut (4): Das Scorsese-Treatment

Die Serie „Director‘s Cut“ versammelt Texte von mir, die bereits vor Jahren, aber nie in ihrer ursprünglichen Form erschienen sind. Hier sind sie endlich so zu lesen, wie sie mal gedacht waren, bereichert um Szenen oder Exkurse, die einst an den engen Grenzen des Layouts scheiterten, beschnitten um Sätze und Formulierungen, die dem Autor heute eher peinlich sind. Für jede Neupublikation gibt es einen Grund – heute ist es der 70. Geburtstag Martin Scorseses, des größten Filmregisseurs nicht nur unserer Zeit.

Vorspann:
„Kino und Religion, das ist mein Leben. Sonst nichts.“
Sagt Martin Scorsese, das größte Genie, das Hollywood seit John Ford zu bieten hat. Er verfertigt Filme, die wirken wie Katechismen der Kinokunst; und redet er über Gott, wird ein greller Reißer namens „Kap der Angst“ daraus. Besessener Perfektionismus, eine fanatische Lust an Selbst-
zerstörung und Bildersturm durchziehen sein Werk; und obschon dieser zartgebaute Mann bestimmt noch keiner Fliege was zuleide getan hat, macht ihm die Inszenierung von Gewalt so leicht keiner nach. (Freilich machen sie alle, von Oliver Stone bis Quentin Tarantino, es ihm nach.) Ein Regisseur, der nichts mehr fürchtet und haßt als die Arbeit am Set. Ein glühender Katholik, der sich dreimal scheiden ließ und auch seinem Herrn – in der „Letzten Versuchung Christi“ – einen vernünftigen Beischlaf gönnt. Ein durchaus widersprüchlicher Charakter. Und darum lassen seine Filme, im Guten wie im Bösen, keinen kalt.

Zeitraffer I:
Martin Scorsese
wird am 17. November 1942 in New York geboren. Sein Vater Charles arbeitet als Drucker, seine Mutter Catherine als Näherin. Die Familie lebt zuerst im jüdischen, später im italienischen Viertel der Stadt. Marty leidet an schwerem Asthma; darum verbringt er wenig Zeit auf der Straße (wo ein schmächtiges Bürschlein wie er auch wenig zu bestellen hat) und sehr viel Zeit im Kino. Kaum daß er lesen gelernt hat, wird es für ihn „zur schrecklichsten Versuchung der Welt“, aus dem einzigen Filmband der Stadtbücherei seine Lieblingsbilder zu reißen. Mit acht Jahren beschließt er, Priester zu werden (weil Geistliche neben den Mafiosi die einzigen sind, die in seiner Nachbarschaft was zu sagen haben). Der charismatische Gemeindepfarrer Damien nimmt ihn unter die Fittiche, aber als Marty sich mit vierzehn zum ersten Mal verliebt, stellen beide, gottseidank, fest, daß die Berufung des Jungen doch wohl eine andere ist. 1960 schreibt Scorsese sich an der New York University als Student der Filmwissenschaften ein.

Nahaufnahme:
Ein aufgequollener Mann mit einer Nase, die mindestens zehnmal gebrochen wurde, übt in einer schäbigen Varieté-Garderobe seinen Auftritt. Er leiert Zitate aus Richard III. und „Die Faust im Nacken“, saugt zwischendurch an einem Fünf-Penny-Stumpen und behauptet, daß er, Jake LaMotta, mal ein Boxweltmeister gewesen ist. Daß sein Publikum ihn dafür gleich verhöhnen wird, obwohl er die Wahrheit sagt, scheint Jake zu wissen, aber schon stopft er den Stumpen zwischen die Zahnreste, streckt die feisten Arme aus und schnarrt:
„That‘s Entertainment!“

Zeitraffer II:
Scorsese lernt, dreht Kurzfilme, lernt, heiratet mit 22, lernt, wird Vater mit 23, lernt und gewinnt zum Abschluß seines Studiums, mit dem Filmsketch „The Big Shave“, den Prix de l‘age d’or.

Scorsese lernt weiter, dreht an seinem ersten Spielfilm, „Who’s That Knocking At My Door“, und nun lehrt er auch, als Dozent an seiner alten Fakultät. 1969 arbeitet er als Regieassistent an der „Woodstock“-
Dokumentation, 1970 engagiert ihn B-Film-Mogul Roger Corman als Regisseur für „Boxcar Bertha“. 1973 hat Scorsese endlich genug gelernt und haut der Welt „Mean Streets“ um die Ohren. Obwohl dieser rüde und düstere, halbdokumentarische Film über kleine Gangster in Little Italy nichts von der Halbseide übrigläßt, in die Hollywood seine Banditen so gerne hüllt, und obwohl im „Hexenkessel“ (so der deutsche Verleihtitel) alles verdampft, was Amerika sich an Märchen über ethnische Integration zurechtgelogen hat, wird Scorsese umgehend zum Regisseur einer Großproduktion befördert. Mit „Alice lebt hier nicht mehr“, einem Starvehikel für Ellen Burstyn und Kris Kristofferson, soll Scorsese eingemeindet werden. Er tut seinen Job ohne Tadel, kehrt zurück nach New York und dreht den Film, der Präsident Reagan fast das Leben gekostet hätte.

Panorama:
„Meine Filme flüstern“, sagt Steven Spielberg. „Martys Filme sind Schreie. Wir sind jetzt seit zwei Jahrzehnten befreundet. Aber er schüchtert mich immer wieder ein.“ Und Disney-Chef Michael Eisner, der einzige Mann in Hollywood, der mächtiger ist als Spielberg, bekennt, er sei „glücklich“ gewesen, Scorsese für mehrere Spielfilme unter Vertrag gehabt zu haben. Außer Robert Altman hat kein anderer Autorenfilmer sich gegen die Major studios so hartnäckig behauptet wie Martin Scorsese. Sie haben Coppola kleingekriegt, Woody Allen für immer nach New York vertrieben, und werden auch ihr neuestes Wunderkind, Quentin Tarantino, so lange mit Geld und Ruhm zuscheißen, bis er entweder an Drogen krepiert oder nur noch nackte Frauenfüße und Folterungen filmt. An Scorsese jedoch haben sie sich die Zähne ausgebissen, und vor allem deshalb, nicht etwa wegen der Brillanz seiner Werke – der Oscar ist regelmäßig an ihm vorbei zu kleineren Lichtern gewandert – liegen sie vor ihm auf den Knien: Sie begreifen einfach nicht, wie der Kerl das anstellt.

Zeitraffer III:
Scorsese schuftet gleichwie von Dämonen gehetzt. 1976: „Taxi Driver“, eine unerträglich präzise Studie über Einsamkeit und Gewalt, ein Western im Herzen von New York City, mit einem Lonesome Rider, der im Grunde nur das Gute will und deshalb mehrere Menschen abschlachtet. (Fünf Jahre später schießt John Hinckley auf Ronald Reagan, weil er, Hinckley, sich für Travis Bickle hält.) 1977 entsteht „New York, New York“, ein Musical im Stil der MGM-Klassiker, aber auch ein Selbstporträt des Regisseurs und seiner Obsession für das gelungene Werkstück. 1979: „Wie ein wilder Stier“, die Geschichte des Boxers Jake LaMotta, ein atemloser, zutiefst katholischer Alptraum über die Sünden und Sühnen des Fleischs.

Zwischendurch dreht Scorsese Dokumentationen aus dem Milieu seiner Jugend, den Konzertfilm „The Last Waltz“, und er beginnt eine kurze stürmische Ehe mit Isabella Rossellini. Und dann sein dunkelstes Jahr, 1983: Die 20-Millionen-Dollar-Produktion „King of Comedy“ – eine Satire auf das Showbusiness, die Fans und die Illusion, die „Der amerikanische Traum“ heißt – fällt desaströs durch. Scorsese wird in Hollywood zur persona non grata, und „Die letzte Versuchung Christi“, sein nächstes Projekt, mit dem er eine alte tiefe Schuld an Gott und Vater Damien abzutragen hoffte, wird in der untersten Schublade versenkt. Scorsese bricht zusammen. Und die Branche, die das Genie von Jahr zu Jahr eifersüchtiger angeschielt hat, ist erleichtert: Davon wird das Großmaul sich nie erholen.

Nahaufnahme:
Vor einem Schmierspiegel in einem ausgelutschten Wohnklo steht ein drahtiger Mann und redet mit sich selbst:

„Du laberst mich an? Du Arsch laberst mich an? Ach ja?“ Und jetzt fliegt ihm aus dem Ärmel eine Knarre in die Hand, und wir hören ihn, den Taxifahrer Travis Bickle, denken: „Hört zu, ihr, Wichser, ihr Scheißköpfe! Hier ist jemand, der sich nicht mehr alles gefallen läßt! Hier ist jemand, der sich wehrt! Hier ist!“ (Etwas später wird er ein fürchterliches Massaker begehen und dafür als Held gefeiert werden.)

Blende:
Scorsese gibt keine Interviews. Er erteilt Erlaubnis, seine Monologe mitzustenografieren. Sein Gehirn rattert und funkt wie ein MG, und seiner Revolverschnauze zuzuhören, ist ein Erlebnis für sich: „Ein Treffen mit Marty“, seufzt Steven Spielberg, „verlangt viel Kondition. Du brauchst all deine Kraft, um Schritt mit ihm zu halten.“ Scorsese hat alle Filme der Welt gesehen, und er liebt sie alle, von Jacques Tourneurs‘ „Katzenmenschen“ bis zu King Vidors „Duell in der Sonne“. Wer ihm Anlaß gibt, über eine vergessene Perle wie Edgar Ulmers „Detour“ einen Vortrag zu halten, darf sich auf eine halbstündige Stegreifanalyse ohne Punkt und Komma gefaßt machen. „Manchmal“, sagt Scorsese, der jährlich ein Pensum von achthundert Spielfilmen in seinem Heimkino studiert – „manchmal werde ich von Filmstudenten gefragt, warum sie sich die alten Schinken überhaupt noch ansehen sollen. Sie wüßten doch schon alles. Nun – je mehr Filme ich sehe, desto klarer wird mir, wie wenig ich erst weiß.“

Zeitraffer IV:
„Ich bin wieder da!“, lautet, 1986, der letzte Satz in „Die Farbe des Geldes“, und, tatsächlich, auf einmal ist Martin Scorsese wieder da. Mit der schwarzen Komödie „Die Zeit nach Mitternacht“ hat er im Jahr zuvor bewiesen, daß er auch aus kleinen Budgets etwas Feines zu stricken versteht. Und dank der ganz spezifischen Hollywood-Logik sind die Studios plötzlich wieder bereit, ihm große Produktionen anzuvertrauen. Endlich, 1988, darf er „Die letzte Versuchung Christi“ realisieren; und als Klerikalfaschisten in den USA und Europa gegen diesen zahmsten und trivialsten aller Scorsese-Filme Brandbomben schmeißen, entdeckt und verteidigt die liberale Kritik den Regisseur plötzlich als Künstler – dieselbe Kritik, die sich einst vor den visuellen Exzessen von „Taxi Driver“ und „Wie ein wilder Stier“ pikiert bekreuzigt hatte. Aber Scorsese läßt sich nicht blöde machen, im Gegenteil:
Er legt jetzt los wie noch nie.

Fahrt:
Am ersten Drehtag von „Casino“ schenkt die Crew ihrem Chef Blumen, Süßigkeiten (Scorsese ist verrückt nach Schokolade) und haufenweise Valium. Am Abend schreibt er in sein Tagebuch: „Ob die versuchen, mir was anzudeuten?“ Der Mann, der schneller spricht als sein Schatten, bringt sich für seine Filme immer wieder fast um: Nie unter sechzehn, meistens achtzehn Stunden lang am Set, und dabei haßt er das Regieführen: „Alle sind größer als ich, und überall stehen Lampen im Weg.“ Also bereitet er, um der Sache zu schnell wie möglich zu entkommen, jede Geste und jede Kameraeinstellung schon im Drehbuch minutiös vor. Aber Scorsese, der am liebsten an Originalschauplätzen inszeniert, zieht Pannen geradezu an. Bereits am ersten Drehtag muß er einen Unfall in sein „Casino“-Logbuch eintragen: „Wir richten eine Halbtotale auf ‚Nickys Haus‘ ein. Sehr knifflig. Plötzlich Gekreisch von drinnen. Die Sprinkleranlage ist angesprungen! Wahrscheinlich wegen der heißen Scheinwerfer. Das halbe Team ist durchnäßt.“ Irgendwie überlebt Scorsese die Schinderei am Set – und richtet sich beim Final Cut erst recht zugrunde. Für „Casino“ schließt er sich ein ganzes Jahr lang in seinem geliebten Schneideraum ein: „Es gibt da keine Sekunde, wo man sich entspannen könnte und sagen: Na also, jetzt wissen wir, daß die Sequenz funktioniert. Man muß alle Möglichkeiten ausprobieren, bis man das Gefühl hat, daß es paßt. Aber wissen kannst du es nie.“

Zeitraffer V:
Nachdem er sich die „Letzte Versuchung“, dieses Kommunionsgebet, das er Pater Damien noch schuldig war, endlich von der Seele geschafft hat, werden Scorseses Filme so vieldeutig, souverän, opulent wie nie zuvor. Er verwandelt in „Kap der Angst“ sakrale Symbole und biblische Motive in den Stoff eines Thrillers. Er inszeniert mit „Zeit der Unschuld“ den besten Film, den Visconti nie gedreht hat. Er reist in „Casino“, kalt bis ans Herz, durch die Hölle. Und er vollbringt mit „GoodFellas“ das rare Wunder, die Mafia als Quintessenz der amerikanischen Gesellschaft zugleich zu verdammen und zu feiern.

Der reife Scorsese muß nichts mehr beweisen. Hollywood frißt ihm aus der Hand. Das Publikum liest seinen Namen wie ein Markenzeichen. Man darf bei diesem quirligen, besessenen, unheimlichen Mann weiterhin auf einiges gefaßt sein.

Nachspann:
Kurz vor seinem Tod bemerkt der große Michael Powell – Regisseur von „Peeping Tom“ und „Die roten Schuhe“, Ehemann von Scorseses Leib-Cutterin Thelma Schoonmaker – über seinen Schwager im Geiste: „Von Logik hat er nie was gehört. Vom Leben versteht er nur wenig. Er weiß freilich, daß man zu riechen beginnt, wenn man tot ist. Einen Film zu drehen, das ist für Martin Scorsese ein Glück und eine Qual. Für sein Publikum aber ist es eine Verheißung, die das ganze Jahr versüßt.“

Erstmals erschienen im März 1996 in der Tageszeitung junge Welt.

Illustration: Wikimedia commons, AgatheD


Samstag, 17. November 2012 20:00
Abteilung: Director's Cut, Moving Movies

4 Kommentare

  1. Volker Schönenberger
    Sonntag, 18. November 2012 16:31
    1

    Die These, der Oscar sei regelmäßig an Scorsese vorbei zu kleineren Lichtern gewandert, verdient eine nähere Betrachtung. Vorab erlaube ich mir die Anmerkung, dass es etwas unfair – wenn auch nicht weiter wild – ist, von einem Meister ausgehend alle darunter befindlichen als kleine Lichter zu bezeichnen. Nach der Argumentation wären wohl alle Regisseure mit Ausnahme von Hitchcock, Kubrick, Scorsese und vielleicht zwei oder drei weiteren kleine Lichter, dabei tragen doch so viele andere zu unserem Filmgenuss bei.
    Genug der Haarspalterei, kommen wir zu den Regie-Oscars, wobei ich einige Großtaten Scorseses ohne Nominierung aus Platzgründen ignoriere („Cape Fear“, „Casino“, „Shutter Island“): Für „Taxi Driver“ war der Gute als Regisseur nicht einmal nominiert (als bester Film immerhin, da gewann aber „Rocky“ – na ja). Den Regie-Oscar holte 1977 John G. Avildsen für Stallones Karriere-Pusher „Rocky“. Damit ist obige These an sich bereits bestätigt, aber schauen wir, ob das vielleicht eine einzelne Academy-Entgleisung war:
    Auch „New York, New York“ war 1978 keine Regie-Nominierung vergönnt. Den Oscar holte sich Woody Allen für „Annie Hall“ – nichts dran auszusetzen. 1981 erhielt Scorsese endlich seine erste Nominierung: Mit seinem Meisterwerk „Raging Bull“ unterlag er allerdings Regisseur Robert Redford und „Ordinary People“. Verschämt räume ich ein, letztgenannten nie gesehen zu haben. Gönnen wir Redford einfach seinen ersten Academy Award (2002 erhielt er auch den Ehren-Oscar). 1989 unterlag Scorsese mit „The Last Temptation of Christ“ Barry Levinsons Regiearbeit „Rain Man“. Das Autistendrama punktet mit Dustin Hoffmans perfektem Spiel und bietet ansonsten das große Gefühlskino, das Hollywood so mag. Als Atheist kann ich aber dem Katholiken Scorsese und Willem Dafoes Jesus auch nicht ganz folgen. Meine Voreingenommenheit verbietet hier ein klares Urteil.
    Die nächste Nominierung erhielt Regisseur Marty 1991 für „Goodfellas“. Ein Meisterwerk vor dem Herrn! Was? Wie bitte? Kevin Costner? „Dances with Wolves“? Da kommen einem die Tränen, den Fehlgriff reißt auch Joe Pescis verdienter Nebenrollen-Oscar nicht raus. Zügig weiter ins Jahr 2003, wo Scorsese mit „Gangs of New York“ zusehen musste, wie Roman Polanski den Regie-Oscar für „The Pianist“ einheimste. Ich kann damit leben, Herr Sokolowsky womöglich auch?
    2005 wird Martin Scorsese erneut als Regisseur nominiert – für „Aviator“. Er unterliegt Clint Eastwood, der mit „Million Dollar Baby“ ein starkes Werk vorlegt. Es ist ohnehin die Zeit, in der sich Scorsese für meinen Geschmack Hollywood und der Academy etwas zu sehr anbiedert und nicht verliehenen Oscars etwas zu beleidigt hinterhertrauert.
    Die Academy hat ein Einsehen: 2007 gibt’s endlich den Regie-Oscar für „The Departed“. Ich bin enttäuscht. Ein Scorsese-Meisterstück nach dem anderen hat die Academy beim Oscar vernachlässigt, nun aus Mitleid einen Goldjungen für ein Remake!? Keine Frage, der Film ist klasse, mir gefällt das Hong-Kong-Original „Infernal Affairs“ aber deutlich besser. Scorseses bislang letzte Regie-Nominierung datiert von 2012: Mit „Hugo Cabret“ unterliegt er Michael Hazanavicius, der den Academy Award für „The Artist“ erhält. Beides feine Filme von starker visueller Kraft – lassen wir es gelten.
    Langer Rede, gar kein Sinn: Das eine oder andere Mal unterlag Martin Scorsese zweifellos einem kleineren Regielicht, in anderen Jahren ist die Entscheidung der Academy gut nachvollziehbar.

    Ich bitte zu bedenken, daß mein „Scorsese-Treatment“ 1996 geschrieben wurde, also in dem Jahr, als „Casino“ nur in einer Kategorie nominiert wurde, und zwar für die beste weibliche Nebenrolle. Nichts gegen Sharon Stone – aber bei so viel Doofheit darf man schon mal über kleine Lichter schimpfen. KS

  2. Volker Schönenberger
    Sonntag, 18. November 2012 18:05
    2

    Man darf über vieles schimpfen – ganz sicher auch über die manchmal fragwürdigen Kriterien der Academy bei der Oscarvergabe. Ich will doch einmal einen Blick aufs Oscar-Jahr 1996 werfen: Für Regie und bester Film gewann „Braveheart“ Brrr! Sicher ein guter Film, aber besser als der in beiden Kategorien nicht einmal nominierte „Casino“? Damals galt Mel Gibson in Hollywood noch als netter Kerl, hihi.
    Weitere 1996 in den beiden oben genannten Kategorien nominierte Filme: „Apollo 13“, „Ein Schweinchen namens Babe“, „Der Postmann“, „Sinn und Sinnlichkeit“, „Dead Man Walking“, „Leaving Las Vegas“. Ähem – weshalb sich nicht auch „Casino“ in dieser Aufzählung befindet, wird wohl immer das sahnige Geheimnis der Academy bleiben.

  3. Karl Theodor von CS3
    Montag, 19. November 2012 1:02
    3

    ich stimme dem Autor nicht zu.
    Was mich an Scorcese stört ist die holzschnittartige Darstellung der Charaktere.
    Im Grunde sind alle seine Filme Comics im Stile von „Metal hurlant“.
    Was fehlt wird simuliert. Deshalb ist auch sein bester Film – Raging Bull – in SW gedreht um Tiefe zu simulieren wo er sie farblich nicht darstellen kann.
    Leid ist aber nicht SW. Leid ist bunt.
    Woody Allen hat es kapiert. Scorcese nicht.
    Filme wie „Zabriskie Point“ oder „Barry Lyndon“ hat Scorcese nie gedreht.
    Dazu fehlte ihm das farbliche Vokabular. Er ist ein guter Handwerker. Mehr nicht.

    „Leid ist bunt“? Na, hier kennt sich einer mit dem Leben aus … Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll zu widersprechen. Deshalb belaß ich es bei einer Zustimmung: Ja, richtig, „Zabriskie Point“ und „Barry Lyndon“ hat Scorsese nie gedreht. Das haben nämlich Antonioni und Kubrick vor ihm erledigt. – Und zur Strafe bleiben alle Rechtschreibfehler drin, Karl Theodor von CS3. KS

  4. Volker Schönenberger
    Freitag, 23. November 2012 20:20
    4

    Hm – der Karl Theodor stellt Thesen auf, ohne sie zu belegen. Damit macht er sich immerhin nicht des Plagiarismus schuldig wie ein anderer Karl Theodor. Dennoch fehlt hier ganz klar Butter bei die Fische.
    Woody Allens „Manhattan“ hat seine Scheintiefe zweifellos auch nur der fehlenden Farbgebung zu verdanken. Übrigens hat Kubrick nie ein Werk wie „The Godfather“ gedreht. Macht ihn das zum Stümper? Und in Antonionis Oeuvre fehlt mir – mal überlegen – ganz klar ein „C’era una volta il West“. Kann also auch kein Meisterregisseur sein, der Knilch. Oder worauf will Karl Theodor mit seinen Hinweisen auf von Scorsese nie gedrehte Filme hinaus?
    An der konsequenten Missachtung des schönen Satzzeichens Komma will ich mich gar nicht stören. Aber will man einen großen Regisseur fundiert kritisieren, so sollte man wenigstens dessen Namen korrekt schreiben.
    Bin gerade in Schreiblaune, da will ich mal die These über das bunte Leid beleuchten. Soll ich sie mit „Schindler’s List“ gleich plump widerlegen? Hoppla – der rote Mantel des Mädchens macht das Leid ja erst deutlich. Ach – hab‘ jetzt doch keine Lust, mein DVD-Regal auf Schwarzweiß-Filme mit Leidbezug zu durchforsten. Da bleibt wohl nur die Feststellung, dass vor der Farbfilmära nur Komödien gedreht worden sind.

    Na ja … Wahrscheinlich ist „Karl Theodor“ einer, der Scorsese nicht leiden kann, aber nicht so recht auszudrücken weiß, warum. KT hat – nachlesbar – auch sonst keine Ahnung vom Kino. Das kommt häufiger vor, als wir Cinéasten ahnen. Damit paßt er immerhin zu dem, was ich behaupte: Scorseses Filme lassen, „im Guten wie im Bösen, keinen kalt.“ Nicht mal einen Naseweis. KS

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