Deine Fahne stinkt
Warum der Nationalismus eine Eselei und der Chauvinismus zum Fürchten ist, erklärt Kay Sokolowsky im Mai-Heft von Konkret. Obwohl er sich bemüht hat, schöne Worte zu einem häßlichen Thema zu finden – nämlich dem größenwahnsinnigen Geschmarre hiesiger Journalisten und Politiker in der Euro-/Banken-/Staatsschuldenkrise (bitte den bevorzugten Euphemismus wählen) –, weiß Sokolowsky, daß der brillanteste Satz in seiner Polemik nicht von ihm, sondern von Karl Kraus stammt.
—Und weil man in diesen Schreckenstagen der „eisernen Kanzlerin“ (Spiegel online) gar nicht oft genug aus Die letzten Tage der Menschheit zitieren kann, steht das große prophetische Dichterwort jetzt auch hier: „Man sollte sich gewöhnen, das, was man britischen Neid, französische Revanchesucht und russische Raubgier nennt, als eine Aversion gegen den ehernen Tritt deutscher Schweißfüße aufzufassen.“
Montag, 3. Juni 2013 11:07
Nachdenkenswerter Text, mir fehlt allerdings des Dichters Hinweis auf die gemeinsame Sprache.
Ansonsten: Menschen sind Gruppenwesen mit Identifikationsbedürfnis, die sich gegenüber „anderen“ abgrenzen wollen.
Kritisch wird`s ja immer, wenn die „anderen“ nicht nur anders, sondern auch „schlechter“ und „böse“ sein sollen. Dafür braucht`s aber keine Nationen, es reicht schon eine eigene, einzig richtige Weltsicht.
Die Nation dient allerdings dazu, die Idiosynkrasie der Einzelnen wider den „minderwertigen“ Anderen massenhaft zu organisieren; das macht sie viel gefährlicher als den individuellen, unorganisierten Chauvinismus. – Die gemeinsame Sprache ist übrigens keine gute Ausrede für die Gründung und den Fortbestand von Nationen. Sonst gäbe es keinen Separatismus in Schottland, sonst würden Teile der Schweiz darum betteln, an Deutschland angeschlossen zu werden, sonst müßte ein Großteil der Deutschen auf der Stelle ihre Staatsbürgerschaft abgeben. Und ich meine damit nicht die Migranten im Land. KS