Hashtag Baerplag

Ich gebe es gerne zu: Die Plagiatsvorwürfe gegen die Möchtsogern-Schriftstellerin A. C. A. Baerbock bereiten mir diebische Freude und ich bekomme von diesem Mord an einem Ruf, der nie verdient war, nicht genug.

Mit der Autorin, die weder eigenständig denken noch formulieren kann, deren Liebe zu sich selbst so groß wie die zur Sprache klein ist, die politisch zu nichts taugt als zum Inbild der Hohlheit und ideologischen X-Beliebigkeit der Grünen sowie ihrer Wähler –, mit der hochauthentisch bildungs- und witzfreien Baerbock blamiert sich zugleich jeder, der ihre Kanzlerkandidatur vor nicht einmal drei Monaten begrüßte wie ein Feuerzeichen der Zeitenwende.

Damit diese Hochjubler*innen und Stiefelleck:enden auf keinen Fall vergessen werden und die Peinlichkeit ihres „Habemus mamam!“-Gesangs bloß nicht hinter der peinsam entlarvten Angeberin verschwindet, sei hier ein Text wiederholt, den ich fürs Juni-Heft von KONKRET schrieb und der mir, weil darin viele Worte stehen, welche aus fremden Federn stammen, nachgerade prophetisch erscheint.

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Das Annalena-Evangelium
Von alters her wächst in Zeiten der Not und Bedrängung die Sehnsucht nach Rettung, und aus dem Volk schallen Laute der Klage und der Ruf nach einem Erlöser. Weil aber die Zeiten etwas emanzipierter sind als vor zweitausend Jahren, tut es auch eine Erlöserin. So kamen die Grünen zu ihrer Kanzlerkandidatin, und Annalena Baerbock nahm die Berufung ohne Zaudern an, und es sprach eine Stimme vom Himmel herab: Dies ist meine liebe Tochter, an welcher ich Wohlgefallen habe.

Die Schriftgelehrten aber in den Qualitätsmedienhäusern vernahmen die Stimme gleichfalls und sie sangen von ihren elfenbeinernen Türmen die frohe Botschaft hinaus in die Täler und Auen: „Kanzlerkandidatin mit der Wucht der Unbedingtheit“ („Süddeutsche Zeitung“); „Eine wie keine“ („Die Zeit“); „Die grüne Zauberin“ („FAZ“); „Die Frau für alle Fälle“ („Spiegel“); „Warum Regierungserfahrung nicht alles ist“ („WAZ“); „Sie will“ („Taz“); „Endlich anders“ („Stern“).

Da stieg aus den Tälern und Auen ein Seufzen auf, als wäre ein Mühlstein abgefallen von den Beladenen und von den Mühseligen eine eherne Fessel genommen: „Grüne mit weiterem Umfragerekord vor Union“ („Tagesspiegel“); „Grüne landen vor der CDU – Baerbock beliebter als Laschet“ („Frankfurter Rundschau“); „Baerbock-Bescherung bei den Grünen: Umfrage-Hoch und Mitgliederzulauf seit ihrer Nominierung“ („Business Insider“); „Umfrage-Hammer in München“ („tz“). Selbst das Wetter beugte sich dem Hammerhoch Annalena: „Baerbock bekommt Rückenwind aus Ostfriesland“ („NWZ online“).

Und der Wunder sollte kein Ende sein. So wunderten sich die Hohenpriesterinnen, was diese Frau wohl habe, das niemand sonst hat, aber sie kannten die Antwort bereits, bevor sie sich wunderten: „Sie fällt auf durch eine extrem gute Vorbereitung, sie wirkt sehr kompetent, zugleich wirkt sie dynamisch, sie hat eine sehr unmittelbare Art“ (Liane Bednarz); „ sie kann in wahnsinniger Geschwindigkeit Fakten aufnehmen und hat eine ganz steile Lernkurve“ (Ulrike Herrmann); „sie steht noch mehr für Aufbruch und noch mehr für einen Kulturbruch, allein dadurch, daß sie jünger ist und keine Erfahrung im Regieren mitbringt“ (Ferda Ataman).

Und weil die extrem gut vorbereitete Erlöserin beim Durcheilen ganz steiler Kurven dynamisch die Kultur bricht, muß sie nicht mal den Schopf färben, um jünger zu sein und keine Erfahrung zu haben, oder wie immer EZB-Chefin Christine Lagarde ihr Statement meinte: „Man muß keine ältere grau- oder weißhaarige Person sein, um in die Politik zu gehen und für sein Talent anerkannt zu werden“.

Allein die Heiden und die Pharisäer bestritten in der Verstocktheit ihrer Herzen das Talent der jüngeren brünetten Person, statt das Knie zu beugen vor ihr und ihrer wahnsinnigen Geschwindigkeit. Ob sie zur Kanzlerin gewählt oder gesalbt werde, wollte ein gottloser Spötter auf Twitter wissen, und Geifer troff aus den Mäulern der Neider. „Sie redet, ich handele“, tönte Armin Laschet. Er „habe erhebliche Zweifel daran, daß Baerbock Kanzlerin kann“, stöhnte Friedrich Merz. Und Sven Eppinger, ein CDU-Mann aus Meißen, höhnte: „Annalena Baerbock – hohle Sprechblasen, medial überbewertet, überschaubare Intelligenz, Selbstgefälligkeit.“

An ihren Feinden aber erweist sich der Wert der Erlöserin, und wo jene bloß heulen und zähneklappern, ist sie „eine Frau, was auch nicht schaden kann“ (Bednarz). Und wenn die Schriftgelehrten nicht wanken und die Hohenpriesterinnen nicht abfallen, werden irgendwann alle sehen des Menschen Tochter kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit. Und andächtig werden sie lauschen, so die Erlöserin den Mund auftut und die Worte setzt, wohin sie gehören, nämlich in die heiße Luft: „Für all das braucht es jetzt den Mut, Dinge wirklich anders zu machen. Zukunft ist nichts, was einfach so passiert.“

Da mögen Physiker widersprechen, aber von deren und sonstigen Spitzfindigkeiten hat die Erlöserin nie viel gehalten. Weder als sie darauf beharrte, daß „Kobold“ ein bedeutender Rohstoff sei, noch bei ihrem Hinweis, das Stromnetz fungiere, wenn Wolken mit großer Kraft und Herrlichkeit vor der Sonne hängen, „als Speicher“. Sie nimmt Fakten auf, und das ist, was zählt. Wie die Fakten aus ihr wieder herauskommen, darin liegt der besondere Charme: „Neun Gigatonnen CO2-Emissionen pro Einwohner“, phantasierte sie mal, produziere Deutschland jedes Jahr, und Zweidrittel sind in ihrer Arithmetik weit mehr als 75 Prozent. Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und deshalb macht sich des Menschen Tochter ihre eigenen Wörter zurecht: „erwickeln“, „Bund der Steuerinnenzahler“, „emolotial“, „Desinfikationsmittel“ – sie hat schon recht, wenn sie fordert, „auf die Grundschauen (zu) schulen“, denn sie war selbst auf einer, und man sieht, mit welchem Ergebnis.

Doch freie Rede ist erst wahrhaft frei, wenn sie sich ins enge Bett der Sprache nicht fügen mag. Das hat jene, von der diese uns erlösen soll, viele Jahre lang mit ihrem Gestammel bewiesen – und schadete es Merkel? Ein jeglicher schnattere, wie ihm der Schnabel gewachsen, und eure Rede sei Blabla oder Schleimschleim, und alles andere ist von Übel: „Mein Anspruch ist es, Probleme in ihrer Breite und Tiefe zu erfassen und anzugehen.“ Beziehungsweise in ihrer Länge und Höhe. Um es konkret zu sagen: „Politik wirkt immer im Konkreten und muß deshalb auch aus dem Konkreten heraus gemacht werden.“ Das politische Programm aber, das sie predigt, heißt Annalena: „Ich trete an für Erneuerung, für den Status Quo stehen andere.“

Und wenn dann die Erneuerin aus Rücksicht auf die Koalitionskumpanen von der Union den Status quo betoniert, wird halt der nächste Messias in Stellung gebracht. Bis dahin aber sollt ihr treu sein im Glauben und nicht am Verstand der Schriftgelehrten zweifeln oder den Fähigkeiten der Erlöserin. Denn unser Heil ist jetzt näher, als da wir gläubig wurden, amen.

Photo: „Sunflower head 2011 G1“,
by George Chernilevsky [Public domain],
via Wikimedia Commons


Mittwoch, 7. Juli 2021 18:50
Abteilung: Director's Cut, Qualitätsjournalismus

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