Kreatiphe Orthogravie (6): Rohentwurf

Ich bin sicher, daß „jotka26“ es gut bzw. nicht so gemeint hat mit seinem Kommentar zu einem Tagesspiegel-Artikel über die Nazis in Dresden und ihre Freunde und Helfer. Aber nun steht er dumm da mit seiner Sprachkritik und sorgt für den einzigen Lacher, den ich den Vorgängen abgewinnen kann:

tagesspiegel-forum_04-10-16

Nämlich bei der Verstopfung angekommen. In „weiteren“ 18 Monaten ist die Sprache dann vollends versaugt.


Dienstag, 4. Oktober 2016 22:38
Abteilung: Kreatiphe Orthogravie, Man schreit deutsh, Schwammintelligenz

7 Kommentare

  1. 1

    Was mich über das Dresdner Einheitsaffentheater lachen ließ, war noch was anderes: daß die braunen Brüllaffen ihre obersten Geisteskindergärtner live mit Scheiße bewarfen, während die uniformierten Unterkindergärtner blöde glotzend oder klammheimlich feixend dabeistanden. Wenigstens daran gibt’s nix zu monieren, find ich: Denn wer Darmwinde sät, der soll einen Scheißesturm ernten. Bzw. wenigstens auch mal ein paar Spritzerchen davon abkriegen. So ähnlich steht’s ja schon im Alten Testament. Weshalb ich auch nicht recht kapiert hab, wieso ausgerechnet unser bibelkundiger Bundesoberpriester so irritiert aus seinem Leichenbestatteranzug guckte.
    PS.
    Hätte die Dresdner Antifa und nicht der Pegidenpöbel die weihevolle Stunde gestört, und das auch noch unangemeldet, dann hätte man sich vermutlich gar nicht so schnell umdrehen können wie die Knüppel aus den Säcken gefahren wären. Diese Vorstellung find ich allerdings nicht zum Lachen.

    Mein Problem mit den Haßpöblern in Dresden ist nicht das Pöbeln, sondern der Haß. Deshalb kann ich Deine Belustigung über Gaucks und der anderen Irritation nicht teilen. Diese Hofnarren des Kapitalismus haben Verachtung verdient noch und noch; sie zu hassen, geht am Objekt aber völlig vorbei. Am Ende haben Gauck et al. vom Gebrüll der Nazis sogar profitiert: Denn fortan steht jede Kritik an ihnen unter Verdacht, dem Haß der Pegidazis beipflichtend Material zu liefern.
    (Als ich die „Volksverräter“ schreienden Hackfressen sah, tat auch mir für ein paar Sekunden die Merkel leid. Schon das ein Grund, den Haufen nicht witzig zu finden.) KS

  2. 2

    Witzig find ich die braunen Haufen ganz bestimmt nicht. Komisch fand ich’s nur zu sehen, wie es in Gaucks Gefrieß arbeitete, während er möglicherweise herauszufinden suchte, warum in Gottes Namen das Einheitsaffentheaterpublikum sich so verdammt undankbar zeigte. Wo man doch jüngst diese tollen Asylpakete durchgewinkt hatte! Oder zwecks eiligster Rückführung der ungebetenen fremdvölkischen Gäste sogar die schlimmsten Bürgerkriegshöllen in sichere Herkunftsländer verwandelt hatte wie weiland Gottes Sohn Wasser in Wein! Und haufenweise Zelte beim Erdogan angemietet! Und den ebenso faulen wie reparationsgeilen Griechen keine teuren deutschen Euros zukommen lassen, sondern lediglich ein paar preiswerte Krokodilstränen! Und auch sonst hatte man doch immer ein offenes rechtes Ohr gehabt für die Sorgen der Besorgten. Und als Lohn dafür nun dieser Undank!
    Und vielleicht hab ich mich auch sonst mißverständlich ausgedrückt. Figuren wie Gauck & Co. zu hassen ist ja wirklich eine Dummheit, die zum Nazigesindel paßt. Das durch die Bank zu blöde ist zu merken, daß sein Haß auf so ziemlich alles, was sich jenseits seines Gartenzauns aufhält, seien es „System“-Politiker oder „Lügenpresse“-Journalisten oder geflüchtete Menschen oder Muslime oder Juden oder Schwule oder Veganer oder Fahrradfahrer (oder anders: auf alles, was einen anderen Geruch hat als der eigene Misthaufen) eigentlich bloß die Projektion von Selbsthaß ist. Bzw. von Haß auf das Unvermögen, dem dumpfen Elend der eigenen Existenz zu entrinnen. Um da rauszukommen, müßte man nämlich sein Hirn anstrengen. Und das ist naturgemäß anstrengend für Leute, die dieses komplizierte Organ eher selten benutzen.
    Und daß Gauck et al. aus dem Dunstkreis solcher Misthaufen angekräht werden, ändert ja nichts daran, daß die Angekrähten eben auch von nicht dumpfen Menschen Verachtung verdienen. Allerdings nicht für den halluzinierten „Volksverrat“, sondern für vieles von dem, was sie wirklich tun bzw. machen lassen (siehe oben) und für das, was sie so heucheln, wenn sie ihre Feiertagsreden halten.
    Auf wessen Seite schlägt man sich aber, wenn Gesindel Gesindel Gesindel schimpft? Hält man sich da besser ganz raus bzw. die Klappe? Oder versucht man doch irgendwie, mit dem kleineren Übel (also den Hofnarren des Kapitals) so eine Art Einheitsfront gegen das ganz große Nazi-Übel zu bilden? Ich fürchte nur, daß letzteres nicht funktionieren wird. Denn wenn’s dem Kapital in den Kram paßt, dann holt es sich bekanntermaßen gern auch mal das Nazigesindel mit ins Boot. Was wiederum einem nicht unbedeutenden Teil des deutschen Volkes vor nicht sehr vielen Jahrzehnten ebenfalls prima in den völkischen Kram paßte. Und einem nicht kleinen Volkskörperteil paßt es auch heute noch bzw. schon wieder.
    Was die Frau Merkel angeht: Manchmal möchte ich gern glauben, daß ihre Entscheidung, Deutschlands Grenzen für eine gewisse Zeit für eine größere Zahl von Menschen in Not durchlässig zu machen, ihrer Menschlichkeit geschuldet war und nicht etwa der Not der deutschen Wirtschaft, die einem absehbaren Arbeitskräftemangel vorzubeugen suchte. Nur traue ich mißtrauischer alter Atheist Pastorentöchtern kaum mehr als ihren Vätern.

    Das alles hätte ich nicht besser sagen können. Danke für die Einordnung, lieber Kai! KS

  3. 3

    Ich schließe mich KS an und bekenne verstörende Furcht angesichts des Hasses, der hier schamlos offenbart wird. Daß die „Pathologie des Normalen“ schichtübergreifend ist, gestehe ich Herrn Pichmann zu. Wer die Kraft hat, beides zusammenzuschauen, läßt dann entweder jede Hoffnung fahren oder wendet sich nützlichen Dingen zu.

    Z. B. Ihren klugen Kommentaren. Danke dafür! KS

  4. 4

    Angesichts der allgegenwärtigen Dummheit des „Normalen“ ist es allerdings oft ganz schön schwer, nicht alle Hoffnung fahren zu lassen. Bzw. nicht selber blind und dumm zu werden vor Haß oder mindestens hoffnungslos verbittert. Der kluge „Abfall“ hier macht es mir leichter, nicht gänzlich hoffnungslos zu werden. Vor allem deswegen bin ich noch immer heilfroh, dieses Blog gefunden zu haben, und bestimmt nicht bloß, weil ich hier fast ungestraft meine länglichen Kommentare absetzen darf.
    Ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaub, es war Hermann L. Gremliza, der mal gesagt hat, dass in jedem Kollektiv die Arschlöcher in der Mehrzahl wären. Für die „Abfall“-Anhänger, die ja irgendwie auch so eine Art Kollektiv sind, trifft das mit Sicherheit NICHT zu. Was natürlich auch daran liegt, dass der Herr des Blogs dumme Arschlöcher, wenn sie sich denn überhaupt herwagen, in der Regel gnadenlos abwürgt. War hier nicht sogar mal die Rede von einer „arschlochfreien Zone“? Neben dem Gewinn an Hoffnung und Wissen, den ich dem „Abfall“ verdanke: Dank auch dafür!

    De rien, wie wir Zweieinhalbsprachigen sagen. – Allerdings behält der Betreiber dieses Blogs sich vor, auch mal das Arschloch zu markieren. Schließlich bezahlt er die Musik. KS

  5. 5

    PS.
    Ich hab wg. Gremlizas „Arschlöchern“ eben noch mal im Netz recherchiert und herausgefunden, daß ich mich nicht ganz richtig bzw. nicht vollständig erinnert habe. Im Online-Archiv von KONKRET (Heft 8/2015) steht genau folgendes zu lesen: „In jedem Volk – wie in jedem Kollektiv, bei den Autofahrern, den Briefmarkensammlern, Feinschmeckern, Veganern und so weiter – bilden die Arschlöcher die Mehrheit, beim deutschen (…) ist es eine erdrückende. Damit Leserinnen und Leser aus dieser Erkenntnis keine Fehlschlüsse ziehen, besonders den gewollten, dass damit ein biologischer oder genetischer Defekt angesprochen werde und nicht ein sozialgeschichtlich erworbener, sei hier wiederholt, wen die Redaktion (und der Herausgeber in seiner Kolumne) meint, wenn sie von den Deutschen redet: a) ihre herrschende Klasse, b) deren diverse Agenturen (Medien, Parteien), c) den Mittel- und Mitläuferstand und d) den von ihnen aufgehetzten und sich nur zu gern aufhetzen lassenden Mob (…)“
    Abgesehen davon, daß bei veganen Briefmarkensammlern ohne Führerschein die Arschlochquote eventuell vielleicht doch niedriger ist als bei mittelständischen Autofahrern, gebe ich Gremliza recht. Das tu ich meistens, wenn ich seine Kolumnen lese, auch wenn die so gut wie ausnahmslos den Eindruck hinterlassen, als ob deren Verfasser jegliche Hoffnung hätte fahren lassen. Aber das ist eben nur ein bzw. der erste Eindruck. Hätte Gremliza wirklich keine Hoffnung, dann täte er ja wohl kaum Nützliches: wie z. B. jene Kolumnen zu verfassen und seinen „Express“. Vor allem aber: seit Dekaden dafür zu sorgen, dass KONKRET existiert und dass das Magazin das ist und bleibt, was es ist: nämlich ein nützliches.
    Da stört’s mich auch nicht weiter, dass Titanic-Humorkritiker Hans Mentz neulich hinschrieb: „Gremliza hat ein einfaches Weltbild. Er ist dagegen (…) Immer im Recht zu sein wirkt auf Dauer ermüdend (…)“. Zu Gremlizas Verteidigung – nicht daß der Mann sie nötig hätte – fiele mir etliches ein. Gremliza zu unterstellen, er hätte ein „einfaches Weltbild“, kann eigentlich nur bedeuten, daß der Untersteller nie einen von dessen Texten zu Ende gelesen hat. Falls doch, bedeutete das wiederum, daß Mentz nicht so ganz kapierte, was er da las. Kann ich mir aber eigentlich auch nicht vorstellen: Mentz ist nämlich ein kluger Mann, dessen Humorkritiken ich sehr schätze.
    Ich glaube, Mentzens Titanic-Urteil ist einer simplen Fehlinterpretation geschuldet: Er hat Gremliza als Humoristen eingeordnet resp. kritisiert. Das ist Gremliza aber nicht bzw. er ist es höchstens nebenbei. Für mich ist er vor allem eins: ein großartiger Polemiker. Unabhängig davon, ob er wirklich immer im „Recht“ ist. Darüber könnte man ja im konkreten Fall streiten, und soweit ich mich erinnern kann, hat Gremliza nirgends behauptet, immer im „Recht“ zu sein. Jedenfalls geht’s ihm wohl kaum ums Kitzeln erschlaffter mittelständischer Lachmuskeln – dafür fühlen sich schon genügend andere zuständig –, sondern um die richtige Sprache und die richtige Sache. Wenn ich mir diese Interpretation erlauben darf. Wer so eine Art verbesserten Mario Barth für Mitläufer mit wenigstens zweistelligem IQ sucht, der ist bei Gremliza allerdings an der falschen Adresse.

    Hans Mentz ist nicht einer, sondern viele, und unter denen, die sich seinen Namen leihen, sind leider nicht nur kluge Köpfe. Wer immer den neunmalklugen Käs über Greml. geschrieben hat, ist bestenfalls ein Schlaukopf. Und von denen hält sich nach Möglichkeit fern: KS

  6. 6

    Hans Mentz ist viele? Ich hab also einen Haufen TitanicRedakeure Redakteure als „klugen Mann, dessen Arbeiten ich sehr schätze“, gerühmt? Also das ist ja noch nicht mal schlauköpfig, sondern einfach bloß peinlich. In Zukunft werd ich wohl ein bißchen ordentlicher recherchieren, bevor ich hier wieder so frohgemut vor mich hinschwafle. Ich versprech’s, schamrot!

    Lieber Kai, den Schock kenn‘ ich. – Also den Schreck, wenn ein Heiligtum in eine Blasphemie bzw. Frevelei zerlegt wird. Das hatte ich zuletzt, als ich „Zettels Traum“ von Ar. Sch. revisitierte und … Ach, sei einfach bedankt für die Inspiration!
    Mister Iroso Ioso

  7. 7

    Und zu allem sonstigen Übel hab ich bei Titanic-„Redakeure“ auch noch das „t“ vergessen – ein echter ROHkrepierer, das! Immerhin, der paßt ganz prima in deine Abteilung Kreatiphe Orthogravie. O je.
    Und wer ist Mister Iroso?

    Ein bescheidener Kalauer, der aber gar nicht funktioniert, weil ich mich verschrieben habe. Weia. (Richtig ist: „Mister Ioso“. Bescheiden, wie gesagt.) Und ebenfalls verschrieben habe ich mich gleich anschließend in der Bildunterschrift des aktuellen Blogposts: „KOKRET“ statt „KONKRET“. Autsch. Ich habe teilweise „transparent korrigiert“. KS

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