Prager Frühling (3): Man ißt deutsh
Ein Karnivore wie ich fühlt sich inieiner Stadt wie Prag natürlich sauwohl. Noch schafft die Gallenblase brav weg, was ich ihrian Schwarte, Fett und Faser zumute, und verstopft bin ich weiterhin nur, wenn ich z. B. Textbrei von Halbgaren wie Sascha Lobo löffeln muß.
—Trotzdem hatten die Liebste und ich in der Mehlspeisenmetropole nicht immer Glück bei der Wahl des Restaurants. Fehlgriffe solcher Art kennen wir, seit wir uns kennen. Wir könnten Ihnen Geschichten erzählen …! Die Sie allerdings nichts angehen.
—An unserem letzten Abend in Prag wollten wir es unbedingt richtig machen und guckten betont skeptisch in die Lokale und auf die Speisekarten. Unweit der „Švejk“-Schwemme mit der Golem-Tür sahen wir dies im Fenster kleben:
Das dürfte man auf deutsch nicht sagen; aber wer bin ich, einem Tschechen vorzuwerfen, was ca. 99 Prozent meiner Landsleute nicht wissen? Und welche Kostbarkeiten kreatipher Orthogravie wären mir entgangen, hätte der unbekannte Dolmetscher von der fremden Sprache ebensoviel verstanden wie vom Fremdenverkehr! Denn derlei gab‘s u. a. „in deutsch“ zu spachteln:
Ein saftiger Fauxpas, der sein spezielles Gewürz davon erhält, daß er bloß dem Kenner auffällt und nicht dem gewöhnlichen teutonischen Saftsack.
—Offenkundiger ist diese Panne:
Wer weiß, vielleicht sind die rebellierenden Böhmen einst an den Truppen des deutschen Kaisers gescheitert, weil sie in deren Fleisch statt Spießen Nadeln bohrten? Der Waldstein, aka Wallenstein, hatte zweifellos zuviel erstklassigen Speck, um sich von den Nadelstichen der Abstrünnigen mehr als zwiebeln zu lassen. Was nicht zuletzt deshalb zu bedauern ist, weil sonst eventuell das Örtchen Calau, dem ich so viel verdanke, nicht in der Brovinz Brandenburg, sondern in der tschechischen Republik läge und ich bei meiner etymologischen Exegese echt ekstatisch werden könnte.
Was beliebt, macht auch beleibt, mahnt der Volksmund, bevor man ihn zu voll nimmt. Wie jedoch „in deutsch“ das Traditionelle zum Beliebten wird, kann ich mir nur mit einer geheimen Mischung von Gekürz sowie Senf, den ein Mutmaßsprachler abgegeben hat, erklären. (Das mysteriöse „Krenn“ wäre übrigens mit einem „n“ weniger Meerrettich.)
—Die bezauberndste Sprachkatastrophe kommt, wie es der Brauch resp. Bauch gebeut, zum Schluß und ist was für Liebhaber spezieller Delikatessen:
Ja, so saftreich rächt sich die Sprache an denen, die gern ihre Krenner, pardon, Kenner wären, ließe das geheime Mischen ihnen Zeit, die Vokabeln zu lernen! Die Lammkoteletten jedenfalls möchte ich nicht mal dann probieren, wenn sie in statt auf der Pfanne gebacken (und leider nicht rasch rasiert) werden. Dann lieber Eisbein in Wollsocken (doch bitte, bitte ohne Parmesan).
—„Haarschaf daneben“, sagte ich also zu der Liebsten, und für diesen extrablöden Kalauer durfte ich die Rechnung übernehmen – in einem ganz anderen Lokal. Das aber auch nicht hielt, was die Speisekarte versprach. Dabei war sie nicht mal „in deutsch“!