Archiv für die Abteilung 'Kaputtalismus'

Die Katastrophenkanzlerin (1): Im Spital

Freitag, 3. November 2017 0:42



[Angela Merkel] ist die Repräsentantin einer Zeit, in der,
mit Hannah Arendt zu reden, Tag für Tag die „Tatsachenwahrheiten“
„fortgelogen“ werden, in der „das organisierte Lügen“
das Rüstzeug der politisch Handelnden ist.
Jürgen Roth*


Hat der Polemiker beim Umgang mit der SPD das etwas klamme Gefühl, auf einen toten Gaul einzudreschen,
fragt er sich andererseits, wenn die ewige Kanzlerin an der Reihe ist, ob die AfD-Faschisten und „Hau ab! Hau ab!“-Pegidazis ihm möglicherweise die Invektiven klauen könnten. Schrecklicher Gedanke, so ein geistig armes Nazischwein ginge mit Formulierungen hausieren, die es aus meinen Texten geklaubt hat!

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Abteilung: Kaputtalismus | Kommentare (4) | Autor:

Doktor Lügners feine Freunde

Mittwoch, 1. November 2017 19:56


Es geht ein stilles Walten, eine heilige Nemesis durch die Weltgeschichte;
und die Vergangenheit ruft es der Zukunft zu: „Fürchtet Gott und übet Gerechtigkeit!“
Wilhelm Zimmermann


Warum die herrschende Klasse der beherrschten, welcher sie sonst keinen Bissen Brot, zum Reformationsjubiläum einen dienstfreien Tag gönnt –, weshalb sie Martin Luther dem viel größeren Reformator Thomas Münzer vorzieht, hat Friedrich Engels schon vor anderthalb Jahrhunderten gültig analysiert.
Die Regentschaft schätzt am Mann, der als Revolutionär antrat und sich bei der ersten Probe auf die eigene Lehre selbst verleugnete, der überdies all jene verleumdete, ja, verfolgte, die seine frühen Schriften ernster nahmen als deren Verfasser es wagte –, die Machthaber also schätzen am „Doktor Lügner“ (Münzer) genau dies: Unterwürfigkeit, Verrat, „Tellerleckerei“ (Engels).

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Abteilung: Kaputtalismus, Man schreit deutsh | Kommentare (13) | Autor:

Doktor Lügners Ehrentag

Dienstag, 31. Oktober 2017 0:00



Heute begeht die protestantische Kirche das 500. Jubiläum des Thesennagelns zu Wittenberg. Es ist der Höhepunkt des sogenannten „Lutherjahrs“. Obschon der 31. Oktober in vielen evangelisch dominierten Bundesländern seit langem kein gesetzlicher Feiertag mehr ist, geben heuer ausnahmsweise und bundesweit die Landesregierungen den Untertanen frei, „mit Blick auf die welthistorische Bedeutung der Reformation“ (Luther2017.de).

So erfreulich ein Mußetag stets ist – der Blick aufs Welthistorische usw. scheint der Regentschaft nur deshalb eine Pause von der üblichen Fron wert, weil sie in Luther vor allem den vorbildlichen Opportunisten schätzt, den Revolutionär, der ganz schnell abschwur, seine eigene Klasse verriet und ohne Zwang zum brutalen Apostel der Zwingherren wurde.

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Abteilung: Kaputtalismus, Man schreit deutsh, Zeuge der Geschichte | Kommentare (1) | Autor:

Willkommen im Neo-Pliozän

Montag, 30. Oktober 2017 17:25


Der CO2-Gehalt in der Erdatmosphäre ist so hoch wie seit drei Millionen Jahren nicht mehr. 2016 lag der globale Durchschnittswert der Kohlendioxid-Konzentration bei 403,3 ppm (parts per million), eine Steigerung um 3,3 ppm verglichen mit dem Vorjahr. Diese neueste Schreckensnachricht der World Meteorical Organization (WMO) 
ist keiner einzigen Website der deutschen Qual.medien einen Aufmacher, vielen von ihnen nicht mal eine Meldung wert. Wo die Hiobsbotschaft doch erwähnt wird, garniert der Qual.journalist sie sogleich mit Flüchtigkeitsfehlern, etwa hier bei Tagesschau.de:

Das Kohlendioxid-Niveau ist im Jahr 2016 auf den höchsten Stand seit 800.000 Jahren gestiegen.

Tatsächlich ist der Pressemitteilung der WMO zu entnehmen:

Over the last 800.000 years, pre-industrial atmospheric CO2 content remained below 280 ppm […].

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Abteilung: Die Spezies hat‘s verkackt, Kaputtalismus, Qualitätsjournalismus | Kommentare (3) | Autor:

Die Spezies hat‘s verkackt (8)

Freitag, 27. Oktober 2017 23:59




Kurz vor Sonnenuntergang ein schwefelgelber Himmel. Früher hätte ich die surreale Schönheit dieses Abendlichts bestaunt und mir gewünscht, so was malen zu können. Mittlerweile kommt mir dergleichen eher wie ein kosmisches Menetekel vor, wie Flammenschrift am Firmament, wie die Vorschau auf eine Welt, in der alles vergehen wird, sogar die Vergangenheit.

***

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Abteilung: Die Spezies hat‘s verkackt, Kaputtalismus | Kommentare (9) | Autor:

Die Spezies hat‘s verkackt (7)

Dienstag, 24. Oktober 2017 22:37

Es gibt eine Notiz von Canetti: „Sich ausdenken,
was Tiere an einem zu loben fänden.“
Es ist eine ungeheure Vorstellung, läßt man sich
auch nur wenige Sekunden auf sie ein.

Jürgen Roth u. Thomas Roth: Kritik der Vögel


Nicht vor der Vielfalt der Nachrichten resigniere, nein, kapituliere ich immer öfter. Sondern vor der täglichen Gigatonne närrischer „News“, vor diesem Gebirge aus Promischrott und Politmüll, das alles in den Schatten stellt, was tatsächlich ins Licht gehörte. Mein Posting über die drohende Auslöschung der Insekten hat kaum angedeutet, wie grotesk, wie irrwitzig die „Top-Themen“ der Qual.medien mir erscheinen, gemessen am Weltuntergang, dessen Teilnehmer, nicht Propheten, wir inzwischen sind.

Angesichts einer Presse und eines Publikums, die den größten Teil ihrer Zeit mit sensationellen Nichtigkeiten vergeuden, während das bißchen Zeit davonrennt, in dem noch etwas bewahrt werden könnte vom kosmischen Wunder, das unsere Biosphäre, also das Leben an sich, darstellt –, angesichts einer Menschheit, die in der eigenen Scheiße erstickt und trotzdem immer mehr Scheiße produziert, nicht zum Zyniker und Misanthropen zu werden, fällt sehr schwer. Doch zum Haß auf die eigene Gattung fehlt mir die Bigotterie, zur Hoffnung, ein Killervirus oder dergleichen könnte unserer Art den Garaus machen, bevor wir die ganze Welt veröden, mangelt es mir an Hoffnungslosigkeit. Trotz allem.
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Abteilung: Die Spezies hat‘s verkackt, Kaputtalismus | Kommentare (3) | Autor:

Die Spezies hat‘s verkackt (6)

Freitag, 20. Oktober 2017 13:36

An allen Enden dringen die Gase aus der Welthirnjauche,
kein Atemholen bleibt der Kultur und am Ende
liegt eine tote Menschheit neben ihren Werken,
die zu erfinden ihr so viel Geist gekostet hat,
daß ihr keiner mehr übrig blieb, sie zu nützen.
Karl Kraus: Apokalypse (1908)


Die Biosphäre unseres Planeten geht in einem Tempo zugrunde, das sogar bewährte Schwarzseher, also Leute wie mich, überrascht, vom Entsetzen zu schweigen. Am Mittwoch berichtete u. a. die Website der Süddeutschen Zeitung,
was niederländische, deutsche und britische Forscher kurz zuvor auf dem wissenschaftlichen Internetportal Plos one publiziert hatten:

Seit 1989 ist die Masse der Insekten [in Deutschland] um durchschnittlich 76 Prozent zurückgegangen. „Mitten im Sommer, wenn viele Insekten ihren Höhepunkt erreichen, war sogar ein Rückgang von 82 Prozent in den untersuchten Gebieten zu verzeichnen“, schreiben die Autoren.
SZ.de, 18.10.2017

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Eine Schanze für den Polizeistaat

Samstag, 14. Oktober 2017 22:15

Vorbemerkung: Wegen der ungeheuren Fülle des Materials und der sich täglich mehrenden Berichte über die Ungeheuerlichkeiten während der G20-Tage ist dieses Dossier weit über das geplante Maß hinausgewachsen, hat die Veröffentlichung dieses Blogposts länger gedauert, als ich es mir mal wünschte. Anläßlich der am heutigen Mittwochabend stattfindenden Demonstration wider die „Hetze gegen alles, was links ist“, habe ich mich entschlossen, zumindest die fertigen Passagen des Manuskripts im „Abfall“ zu plazieren und die Sache als Work-in-progress zu behandeln. Abonnenten des Newsletters werden automatisch über die Fortsetzungen informiert.
KS, 19.7.2017

§ 1 – In der Hetze der Nacht


„Hier ist die gesamte Gesellschaft gefragt: Niemand sollte sich mit Linksextremisten gemein machen, auch wenn es um die vermeintlich gleichen Ziele einer besseren Welt geht.“
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz,
Regierungserklärung, 12.7.2017

„Wer sich unsolidarisch mit seinem eigenen Stadtteil und den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt verhält, der kann nicht immer wieder die Solidarität der Stadt und der Bürgerinnen und Bürger einfordern.
[Frage: War das jetzt an die Autonomen in der Roten Flora gerichtet?]
Ja.“
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank,
Welt.de
, 9.7.2017


Es läuft eine massive Kampagne, alle und alles links von Scholz und Fegebank als „-extrem“, „-radikal“ und – grotesker Höhepunkt des Revanchismus – „-faschistisch“ zu brandmarken. Diese Kampagne verfängt bei denen, die sowieso immer wußten, warum sie ihre Feinde „Zecken“ nennen, aber auch bei solchen, die das Interesse ihrer Klasse bedroht sehen von z. B. 76.000 Menschen,
die in allem Frieden ihrer Hütten den Palästen den Krieg erklärten.

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Abteilung: Kaputtalismus, Man schreit deutsh | Kommentare (25) | Autor: