Kennzeichen D O : Hoffnung

Kennzeichen_DO_Religion_09_(c)_Kay_Sokolowsky… und zwar in zwei Richtungen. Erstens: Es kann noch einige Tage dauern, doch in naher Zukunft werde ich endlich ausplaudern, was mich am vergangenen Sonntag nach Dortmund trieb und sogar eine lange Nacht und einen weiteren halben Tag in der Stadt der Stahlbarone Harkort und Piepenstock verbringen ließ. Nehmen Sie das folgende Photo bitte bis dann als weiteren Hinweis auf das, was mir vor allem eine Reise nach Dortmund wert war:

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Erkennen Sie darin aber, bitte sehr, auch, zweitens, die letzte Hoffnung, die schlecht drapierte Verzweiflung der verbliebenen Schamanen mit Kreuz, ihr fruchtloses Bemühen, mit den Marketing-Methoden der weltlichen Heilsbringer neue Aufmerksamkeit zu erringen. Sie hecheln den abgewichsten, besserbezahlten Profis immer 20 Jahre hinterher. Und sie haben dieses protestantisch-verkniebelte, heiter-besinnliche Humorsimulationsprogramm aus irgendeinem Fortbildungskurs der Evangelischen Akademie zu Rendsburg („Scherz mit Herz – wie ein Lachen den Blick auf Gott neu schärft“, so was in der Art) angeworfen, um allen zu zeigen: „He! Wir sind eure Kumpels! Und wenn wir noch ein paar Jahre üben, sprechen wir vielleicht wirklich eure Sprache! Ihr müßt uns nur Zeit geben!“

Aber die hat man hier nicht, und plötzlich erinnere ich mich an all die ev.-luth. Gemeindebriefe, die mir im Lauf vieler Jahre in den Briefkasten gestopft wurden. Und obwohl meine Adresse öfters wechselte und damit das verteilende Pastorat, so fand und findet sich immer mindestens ein mit einem Augenzwinkern wie im Dorfpfaffenpuff posierendes Textstück, das allenfalls Frau von Bössenstoph im Marienstift zu einem gezierten Lachlaut aus ihrem 113 Jahre alten Jungfernrachen reizt. Einem.

Die Identität der protestantischen Erniedrigung in meiner Heimatstadt und hier in Dortmund, die identischen Franchise-Shops wie an der Mönckebergstraße, übrigens auch nur einen Steinwurf von den Hauptkirchen entfernt, die gleichen mißvergnügten, gottlosen Fressen, die gleichen hektischen Blicke, die gleichen Jack-Wolfskin-Jacken und Timberland-Stiefel wie daheim, nur etwas aufgetragener und verblichener … Und ich hebe den Blick, und ich fühle mich für eine lange Viertelsekunde wie zu Hause:

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Die BVB-Fahne weht mich zurück in die Realität. Womit sich ein Kreis in diesen schmunzeligen Glossen schließt, welchselber Verfassung mir in manchen kalten Vorfrühlingsnächten immerhin einen warmen Kopf, wenn schon keine warmen Füße bescherte. (Ich versichere Ihnen, daß ich immer Lammfellpuschen trage, jene flauschigen Mokassins, die man auf den Flohmärkten für acht Euro das Paar feilhält; ei, bloß, was nützt all das an durchblutungsmüden Abenden, nach einem langen Tag in der Pflicht?)

Sollte auch Ihnen da und dort das Herz aufgegangen sein und sollte ein Lächeln über die Narrheiten, die tadeligen wie die liebenswerten der Menschen, speziell der dortmundischen, die schwarzen Wolken über der Sorgenstirn wie ein Sonnenblitz zerschnitten haben, dann will ich es zufrieden sein.

Und mich morgen als nächstes mit Ihnen im Dortmunder Industriehafen umsehen. Hömma, samma, womma nomma? Töfte!

Bisher erschienen im großen Reiserepott:
* Kennzeichen D O : Ankunft
* Kennzeichen D O : Geschichte und Gegenwart
* Kennzeichen D O : Glaube
* Kennzeichen D O : Skepsis

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