Zeitgemäßer Abzählreim


Zehn kleine Bürgerlein, die warn nicht gern allein.
Der eine ging ins Stadion
– da waren‘s nur noch neun.

Neun kleine Bürgerlein, die haben gern gelacht.
Der eine ging zum Karneval
– da waren‘s nur noch acht.

Acht kleine Bürgerlein, die folgten ihren Trieben.
Der eine trieb‘s beim Après-Ski
– da waren‘s nur noch sieben.

Sieben kleine Bürgerlein, die sagten: „Mia leck‘s!
Der eine ging zum Starkbierfest
– da waren‘s nur noch sechs.

Sechs kleine Bürgerlein, die waren nicht geimpft.
Der eine schwur auf Vitamin
– bald warn die sechs zu fünft.

Fünf kleine Bürgerlein, die wohnten isoliert.
Der eine ließ die Enkel rein
– fortan warn sie zu viert.

Vier kleine Bürgerlein, die sahn die Polizei.
Der eine grölte: „Grundgesetz!“
– Da waren‘s nurmehr drei.

Drei kleine Bürgerlein, die machten kein Bohei.
Der eine ging nicht mal zum Arzt
– schon waren es bloß zwei.

Zwei kleine Bürgerlein, die wurden täglich kleiner.
Der eine fand den Abstand nicht
zurück blieb letztlich einer.

Ein kleines Bürgerlein konnt‘ alles überstehn.
Zur Feier ging‘s ins Möbelhaus
da waren‘s wieder zehn.

Zehn kleine Bürgerlein …

Photo (Ausschnitt): „CH-NB – Kinderspiele –
Collection Gugelmann – GS-GUGE-KÖNIG-C-30“,
by Franz Niklaus König
[Public domain],
via Wikimedia commons


Mittwoch, 22. April 2020 21:53
Abteilung: Lieder ohne Werte, SARS-CoV-2

6 Kommentare

  1. 1

    Totkomisch, bravo!

    Dein Kommentar ist aber auch sehr witzig; danke! KS

  2. 2

    Das haben Sie mit den Dreck-Redakteuren hoffentlich abgesprochen?
    Es fehlt übrigens Strophe 11!

    Null kleine Bürgerlein, die konnten nicht mehr gehen
    Da sprach ein Wirtschaftsforschungsinstitut etwas von negativ
    es lief auf einmal minus eins, das muss niemand verstehen.

    Zum Glück muß ich in meinem Blog mit niemandem außer dem Admin etwas absprechen. Und wer der Admin ist, können Sie sich wohl denken. – Am Metrum Ihrer Strophe sollten Sie vielleicht noch ein wenig arbeiten. Trotzdem Dank für diese kreative Art des Kommentierens, so was hab ich immer gern. KS

  3. 3

    „Am Metrum Ihrer Strophe sollten Sie vielleicht noch ein wenig arbeiten.“
    Der Satz endet mit: „…und brauchte das Geld!“
    😉
    Was sind schon Bürger und deren Gesundheit wichtig, wenn „die Wirtschaft“ quietscht und an allen bekannten Stellen Sturm und Amok läuft in den Medien und der Politik. Die Verbindungen sind doch ohnehin dieselben. The Show must go on.
    Notfalls macht man eben das Öffnen zwecks Ankurbeln des Kommerzes von solchem Kasperletheater wie der Maskenpflicht abhängig, die angesichts des Ersatzes für die im Grunde notwendigen und tatsächlich schützenden, aber nicht erhältlichen, zum Witz verkommt.
    In diversen Läden gibt es dann selbst die Einmaldinger in kleinen Stückzahlen zu horrenden Preisen, da funktioniert dann sogar „der Markt“ wieder im Sinne des Profits.
    Was noch?
    Anders als die aus welchen gründen auch immer jetzt so vehementen Verteidigern der Grundrechte interessiert sich die Obrigkeit
    so wie bisher einen Feuchten für selbige, wenn es nur der guten Sache dient.
    Da schiebt dann eine Frau mit dem phonetischen Kürzel eines Maschinengewehrs auch schnell mal ein paar Flugzeugbestellungen an Parlament und Grundgesetz vorbei durch die Arena und nach der üblichen Show des Empörens des Kopulationspartners kommt der Haken dran.
    Ich meine ja, dass atomwaffenfähige Flugzeuge noch überflüssiger sind als konventionelle Jagdflieger und Armeen wie die Bundeswehr überhaupt. Für die Kohle des überteuerten Flugmetalls liessen sich sicher andere Verwendungszwecke finden in unserer systemisch kaputtgesparten Welt.

    „Und alles Volk sagte Amen.“ (Thomas Mann, „Das Gesetz“) KS

  4. 4

    Weil es so still hier ist, ein bisserl OT.
    Eine Corona-Blüte aus des Hamburger liebsten Nachbardorfes:
    https://www.butenundbinnen.de/sport/golf-bremen-niedersachsen-corona-kurios-100.html

    Irgendwas mit Neun
    In neun kleine Löchelein,
    darf die Golfmurmel bloß hinein.

    (das Metrum ist ein Träumchen)
    Schönen 1. Mai

    Still soll es hier sein? Im „Abfall“ stehen mittlerweile 557 (!) Blogposts, ziemlich häufig ziemlich lange Stücke.
    Daß ich neben dieser Art Notizbuch auch noch ein Erwerbsleben habe, können Sie sich evtl. denken und dann vielleicht einräumen, daß es keine Kleinigkeit ist, so viel Text für lau ins Netz zu stellen. Ich glaube, daß Sie, Hagnum, es nicht böse gemeint haben, aber etwas mehr Respekt für die schiere Masse an „Abfall“-Beiträgen wünschte ich mir schon. Bzw. etwas weniger Erwartungshaltung. Ich blogge, wenn ich Lust und Zeit dazu habe, und da können schon mal wochen- bis monatelange Pausen eintreten. Und – ich kann es leider nicht oft genug schreiben -: Dieses Weblog dient ausschließlich
    meinen Interessen. Ich freue mich über Publikum, aber ich könnte damit leben, wenn niemand außer mir diese Art Notizbuch läse.
    Zu Ihren Versen: mit dem Verfertigen von Gedichten ist es wie mit dem Musizieren – vor dem Schritt vors Publikum stehen Übung, Übung und Übung (z. B. des Versfußsetzens).
    Genug des Gegrummels und weltproletarische Grüße retour: KS

  5. 5

    Lieber Herr Sokolowsky,
    das war in keinster Weise böse gemeint, ich bezog mich auch auf die ausbleibenden Kommentare, nicht auf Ihr persönliches Wirken.
    Ich muß wohl darauf achten, mich unmißverständlicher auszudrücken.
    Die Bremen-Geschichte fand ich allerdings wirklich amüsant, und glaubte, es könnten noch andere daran Gefallen finden.
    Und mein traumhaftes Metrümchen war die pure Ironie,
    ich weiß nämlich selbst, daß das Dichten ganz sicher nicht meine Welt ist.
    Und ich habe jede Menge Respekt ihren Beiträgen gegenüber,
    sonst wäre ich nicht Stammgast, wenn auch meist nur ein stiller.
    Hoffe habe hiermit alle Mißverständnisse ausgeräumt.
    Sonnige Grüße nach Hamburg

    Liebe/r Hagnum, vielen Dank für Ihre Klarstellung und Erläuterung. Sie haben mich nicht nur in einer trüben Stunde, sondern auch noch auf dem falschen Fuß erwischt – vermutlich wäre es klüger gewesen, hätte ich mir Bedenkzeit genommen, bevor ich Ihren Kommentar kommentierte. Aber klug bin ich leider nicht immer.
    Es freut mich, daß Sie mir gewogen bleiben! KS

  6. 6

    Lieber Kay Sokolowsky,
    das ist ein ganz besonders schöner und leider treffender Abzählreim. Wenn es nur nicht alles so traurig wäre, das mit dem Grundgesetz. Und wer weiß, was die oberen ein Prozent noch so alles mit uns vorhaben. Da tut es gut, ihre Texte zu lesen, die zornigen, die traurigen, die komischen und die besinnlichen. Egal wie lang die Pausen Ihres Schaffens sind, ich freu mich immer wieder über etwas Neues, und bin Ihnen dankbar. Ganz herzliche Grüße und bleiben Sie gesund. Das gilt natürlich auch für Ihre Familie, alles Gute! eh

    Liebe/r eh, vielen Dank für Ihre guten Wünsche, die ich gern mit Gleichem erwidere! – Was die von Ihnen erwähnten „oberen ein Prozent“ betrifft: Die haben das vor, was sie stets vorhatten, nämlich auf Kosten der übrigen 99 Prozent sinnlos abstrakten Reichtum horten bzw., mit Marx zu reden, dem Fetisch Geld huldigen. Daß hinter den waltenden Grund- und Menschenrechtseinschränkungen ein großer Plan steckt, glaube ich nicht. Dazu sind die Herrschaften untereinander viel zu sehr verfeindet resp. von Mißgunst geplagt. KS

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