Archiv für die Abteilung 'Ironie off'

Trumpology (2)

Freitag, 10. Februar 2017 3:44

Washington D. C., Lafayette Square, 30.1.2017


Die Katastrophe namens Trump übertrifft solche Desaster wie „Dubya“ Bush auch deshalb um mindestens eine Potenz, weil Trump jede Kritik an seiner Politik als Herausforderung versteht, die Politik nicht etwa zu überdenken, sondern sinnlos zu verschärfen. Der Tölpelpräsident zog sich 2000–2008 bei Kritik lieber zurück und ließ Cheney und Rumsfeld machen, was dann zwar bestimmt nicht gut, aber annähernd kalkulabel war. Nicht mal „Darth Dick“ wäre eingefallen, die US-Justiz an sich in Frage zu stellen. Verarschen, ja, korrumpieren und ignorieren, ja, ja, ja – aber zerstören?

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Trumpology

Sonntag, 29. Januar 2017 0:37

Minneapolis, 21.1.2017

In den vergangenen Tagen habe ich viel Zeit auf dezidiert linken US-Websites verbracht und noch mehr Stunden auf YouTube, zumal im Kanal von „Democracy Now!“ Denn die gleichermaßen stupide wie stumpfe Machtvorführung des neuen US-Präsidenten seit Tag 1 vermögen jene Menschen am besten zu erklären, die das Unheil unmittelbar erleiden und die im Aufstieg Trumps weder einen „Unfall“ noch eine russische Verschwörung sehen, wie es die neoliberalen Qualitätsquatschköpfe tun. Sondern im 45sten die Konsequenz eines Systems erkennen, das Colin Crouch „Postdemokratie“ nennt.

Bei den langen, zunehmend bangen Stunden am Monitor wurde mir erstmals klar, wie nah die USA daran sind, in eine echte Autokratie transformiert zu werden, und wie leicht die unzähligen Einschränkungen der Bürgerrechte unter Trumps Amtsvorgängern es dem Neonfaschisten bei seiner Mussolini-Nummer machen. Die Vereinigten Staaten durchzieht seit vielen Jahren ein tiefer sozialer und ideologischer Riß, nicht erst seit der Kandidatur des Unholds. Und das einzig Positive, was sich über den Jerk-in-chief sagen läßt, ist dies: Er legt offen, was die glänzende Rhetorik Obamas acht Jahre lang verschleierte. Das System hat schon vor langer Zeit versagt, nicht erst bei der Wahl im Herbst, sonst gäbe es den Unhold am Roten Knopf nicht, sonst wäre auch die korrupte, verlogene und beispiellos verhaßte Kandidatin Clinton nie möglich gewesen.

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Fashion victims

Freitag, 18. November 2016 2:27

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Eine Frau aus New York verklagt den Klamottenvertrieb Zara, weil sie angeblich in einem Kleid der Marke einen in den Saum genähten Rattenkadaver gefunden hat. Ein Firmensprecher äußerte zu dem Vorfall das Übliche: Zara habe „strenge Qualitätskontrollen sowie Gesundheits- und Sicherheitsstandards“. Das mag glauben, wer mag. Greenpeace glaubt dran. In Kleidungsstücken von Zara stellten die Grünfriedler noch 2012 „fortpflanzungsschädigende und krebserregende Chemikalien“, u. a. Nonylphenolethoxylate, fest. Nach Publikation der peinlichen Testergebnisse gelobte das Unternehmen, bis spätestens 2020 auf die Verwendung der Gifte verzichten zu wollen, und hat mittlerweile, wiederum laut Greenpeace,

eine Liste seiner Naßproduktionsstätten veröffentlicht und untersucht, welche gefährlichen Chemikalien in seiner Lieferkette vorkommen. Auch werden Entwicklungen in verschiedenen Produktionsregionen analysiert. Zudem forscht Inditex nach den Quellen gefährlicher Chemikalien, wenn diese in Abwässern auftauchen.

Inditex heißt der Konzern, zu dem Zara gehört. Greenpeace hat es nicht für nötig befunden, die Angaben des Multis zu überprüfen. Es wird bloß ein bißchen gerüffelt:

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State of the Union, Vol. 2

Sonntag, 13. November 2016 21:06

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Bert Brecht wußte alles voraus, was uns Zeitgenossen entsetzt, und zwar bereits vor 86 Jahren, nämlich in Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny. BB kannte den Trump längst, als der noch nicht mal ein Glitzern im Auge seines Vaters war:

Erstens, vergesst nicht, kommt das Fressen,
zweitens kommt der Liebesakt,
drittens das Boxen nicht vergessen,
viertens Saufen, laut Kontrakt.
Vor allem aber achtet scharf,
daß man hier alles dürfen darf.
(Wenn man Geld hat.)

Der Dichter sah den US-Wahlkampf 2016 vorher mit allen bestialischen Parolen:

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Somewhere under the rainbow

Dienstag, 12. Juli 2016 23:59

Für meine Otterin

In diesem Sommer, der seinen Namen nicht verdient, jedenfalls nicht hier oben auf 10° Länge/53° Breite –, in diesem elend verregneten, matschigen, farbarmen Sommer, der nur Fäulnis und Moder verbreitet und allein den Nacktschnecken, diesen Spottgeburten aus Matsch und Scheiße, behagt –, in diesem Sommer also gab es bisher nichts, was mir ein Gefühl von Sommerfrische eingab.

Doch heute abend, gegen 20 Uhr, bei der Jagd auf Pulmonata im Kleingarten, erschien dies hier am östlichen Himmel in makelloser Schönheit, und wie zum Trost für die vielen Tage ohne Sommers Glanz und Pracht sogar gleich zweifach (und natürlich hatte ich wieder bloß mein Smartphone und keine ordentliche Kamera dabei, doch die Erscheinung war majestätisch genug sogar für mindere Technik):

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Im Erdschatten

Montag, 28. September 2015 21:28

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Aus dem Bett gewälzt um viertelnachvier, auf den Balkon gestolpert in Socken aus Wolle, und zwischen den Nachtwolken rollt, ein trunkenes Auge, der volle Mond über den Wipfeln: Wie mit Kupfer beschlagen, wirft er das wenige Licht, das er empfängt, matt von sich fort, und kein Mensch ist dort oben, hinabzusehn auf den schwarzen Kreis des Planeten, bestickt mit flickerndem Straß, auf Glut und Lohe am Rand der Biosphäre, diese Krone, verliehen vom Stern, der alles beherrscht, kosmische Apotheose, doch niemand im Meer der Ruhe, sich daran zu berauschen, uns zu berichten, und als die Herbstnacht in die Wollsocken sickert und zwischen den Wipfeln das gerötete Auge sich schließt, ist der Trabant, gestern nah wie ein Freund, fern wie das fernste Gestirn, denn ich weiß, daß auch in 18 Jahren, wenn der Lampion über Hamburg abermals schwelt, dort oben im Staub der Äonen niemand die Pracht des Erdscheins bestaunen wird, zumal ich nicht, mit Siebzig. Bald ist Morgen.

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Congratulazione, adorato dott. Jürgen Roth,

Montag, 16. Februar 2015 19:50

Der Gratulant (hier an einem der schönsten Orte Frankens) wehrt in ungespielter Bescheidenheit die Komplimente ab

Der Gratulant (hier an einem der schönsten Orte Frankens) wehrt in ungespielter, doch unnötiger Bescheidenheit die Komplimente ab

et bon anniversaire, geschätzter Kollege, Всего наилучшего!, verständiger Genosse, happy birthday, lieber Freund – laß mich mal auf den Hocker steigen, Großer, und Dich kräftig umarmen! (Was ichDir fürs frische Lebensjahr wünsche, bleibt im stillen, danngeht‘s auch in Erfüllung.)

Hat mein Weblog Leser, die Dich noch nicht kennen und schätzen? Sollte es so sein, habe ich etwas falsch gemacht. Darum weise ich jetzt nachdrücklich auf Dein und Matthias Egersdörfers herz- und hirnerweiterndes Buch Die Reise durch Franken hin. Das mir in diesem grauen Winter immer wieder mal wie ein guter Schnaps war, ein Trost nämlich und eine Stärkung.

Aber so ergeht’s mir ja stets mit Deinen Schriften, lieber Freund. Denn sie geben den ganzen Mann, sind witzig, hochintelligent, reflektiert, geradeaus; sanft und melancholisch angesichts des Schwachen und Bedrohten, erbarmungslos, doch niemals ungerecht gegen das, was man sich hierzulande von den Eliten, ja, was man sich in diesem albernen Land überhaupt an „Eliten“ bieten lassen muß.

Gleichsam in einer Nußschale aufgehoben sind Deine Stärken und Dein Stil, Deine tadellose Haltung und Dein vorbildliches Deutsch, alter Kombattant, in Deiner jüngsten, mirakulös zwischen Wehmut und Wut oszillierenden, simultan zu Tränen des Zorns und der Nostalgie aufrührenden Taz-Glosse über die Entseelung des Würzburger Hauptbahnhofs.

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Abteilung: Ironie off, Litterarische Lustbarkeiten, Selbstbespiegelung | Kommentare (1) | Autor:

Epiphanie

Freitag, 13. Februar 2015 18:58

Gustav Holst, Olaf Stapledon, Stanley Kubrick, aber besonders dem SDO-Team
im Nasa Goddard Space Flight Center gewidmet


Vor fünf Jahren, am 11. Februar 2010, startete das Solar Dynamics Observatory (SDO)
in einen geostationären Orbit knapp 36.000 Kilometer über Südkalifornien. Seither beobachtet die Sonde eine unnahbare Gottheit, die von den Menschen unter vielen Namen angebetet wurde (und seit neuerer Zeit in, natürlich: Kalifornien, in einigen Bergwäldern, wieder wird): Ra, Huitzilopochtli, Lugh, Mitra, Utu, Helios, Sol … Unsere Heimatsonne. Der brave Forschungsrobot sandte bislang 200 Millionen gestochen scharfe, weit über den Frequenzbereich menschlicher Augen hinausreichende Bilder heim. Daraus entstanden Zeitrafferfilme, deren spektakulärste und atemverschlagendste die Nasa nun zu einem Jubiläums-Clip montiert hat.

Verdunkeln Sie den Raum. Schalten Sie die Telephone stumm. Drehen Sie die Computerlautsprecher auf; der hymnische Score (der sehr nach Jerry Goldsmith klingt) ist es wert. Klicken Sie auf „Play“ und „Full screen“. Entspannen – und den Blick bitte nicht abwenden:

Wenn Sie jetzt weiterlesen, haben Sie den Film wahrscheinlich bis zum letzten Take und Takt gesehen, und falls es etwas dauerte, bis Sie wieder in meine Art Notizbuch zurückkehrten, dann vermutlich, weil Sie wie ich die Nässe aus den Augen wischen mußten. Gestern versprach ich Ihnen, Bekenntnis abzulegen. Hier kommt es.

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