Archiv für die Abteilung 'Selbstbespiegelung'

Zur Lage im Mai

Montag, 30. Mai 2016 22:12

Buchfink_am_Wegrand_(c)_Kay_Sokolowsky


Man hat ja so viel zu sagen
so viel zu sagen zu melden
Man steckt so voll mit Wörtern und Worten
mit Bildern so nett und mit Witzen aha
Man denkt so tief oder krumm vielleicht schräg
so um sich rum um Kragen und Kopf

Und dann sitzt man so da mit den Gedanken
mit den Witzen den Bildern den Wörtern den Worten
Man sitzt oder kauert so da und man sucht
nach Ecken gut zum Verstecken
Vor den Sätzen den langen den kurzen vorm Setzen
vor der Not des Notats

Man sitzt ziemlich viel und man liest ziemlich viel
so wie man denkt – durcheinander
Man weiß aber nicht was das soll dieses Sitzen
und dies Lesen dies Denken was soll‘s
Man weiß es nicht weiß nichts weiß rein nichts
ohne Pause

Man merkt einen Klumpen ein dumpfes Gelumpe
aus halben Ideen
Man spürt einen Druck zwischen Herz und
man weiß nicht der Leber
Man will reden und singen und der Mund
geht immer nur zu immerzu

Das ist im Mai die Lage im Kopf und im Mund
und auch sonst
Es gärt und es sprudelt versickert
so fort
Die Welt ist ein Traum ist ein Wort
aus der Welt
Und man ist auf der Welt
nicht von dieser

Abteilung: Lieder ohne Werte, Selbstbespiegelung | Kommentare (5) | Autor:

Angewandte Legasthenie (1): Schon obszön

Mittwoch, 30. März 2016 22:44

Alle naslang beglückt das Spitzennetzwerkertopnetwork Xing mich mit einem unglaublich interessanten Newsletter. Heute habe ich, während der Mauspfeil schon die Schaltfläche fürs Löschen ansteuerte, zum ersten Mal seit langem etwas genauer hingeguckt. Eine Betreffzeile las ich da, mit der meinetwegen auch einmal das manager magazin titeln darf, damit es endlich seine Eigenwerbung

steht seit 1971 für unabhängigen, erstklassigen Wirtschaftsjournalismus

– mit Leben füllt. Was aber las ich? Dies:

So fickt das deutsche Management

Eine Sekunde später erkannte ich meinen Fehler, und Xing mußte abermals auf mich verzichten (wie das manager magazin schon immer). Denn tatsächlich stand im Betreff:

————XING-Letter_30-03-16

Die Enttäuschung! – Arno Schmidt hätte mir den Verleser gewißlich nicht übelgenommen. Horst Tomayer, denk ich, ebenfalls nicht. Und Sie, liebe Leserin, werter Leser? Sind Sie jetzt enttäuscht von mir? Sehr? Da wären Sie leider nicht der erste Mensch.

Abteilung: Aufgelesen, Bored beyond belief, Kaputtalismus, Selbstbespiegelung, Unerhört nichtig | Kommentare (2) | Autor:

The Happy Eggheads in: Versemmelt

Dienstag, 29. März 2016 23:30

 Für Eric Rohmer
Late_Eggheads_01_(c)_Kay_Sokolowsky


MANN.
Du könntest wirklich etwas kooperativer sein.
FRAU. Wieso das denn? Du hast es versemmelt.
MANN. Das ist jetzt aber etwas hart ausgedrückt. Versemmelt … Ich hab
doch dran gedacht, am Karfreitag!
FRAU. Und es dann versemmelt.
MANN. Ich hab‘s bloß vergessen, ich war abgelenkt …
FRAU. Und jetzt soll ich davon ablenken, daß du es versemmelt hast.
MANN. Nichts lenkt die Leute besser ab als ein schönes Gesicht …Das
Hollywood-Geheimnis!
FRAU. Den Film drehst du mal schön ohne mich. Du hast es versemmelt.

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Abteilung: Bored beyond belief, Selbstbespiegelung, Unerhört nichtig | Kommentare (0) | Autor:

My fair vanity

Freitag, 25. März 2016 22:13

Mit speziellem Gruß an Bernd Ladwig


Anmerkungen zur Polemik, erster Durchgang

Das öffentliche Schreiben, egal auf welchem Niveau, besteht zu mindestens einem Viertel aus Posieren, das heißt, aus dem Ideal, das der Schreiber von sich hat, wenn er seine Mitteilungen an ein Publikum richtet. Weitere wenigstens zehn Prozent jedes von Menschen für Menschen verfaßten Schriftstücks sind Anbiederung an die jeweils als Leserschaft vorgestellte Gruppe (man kann es auch, freundlicher, den Wunsch nach mehr Gehör nennen). Und die übrigen max. 65 von 100? Die sollten aus dem Talent bestehen, Wörter gut zu behandeln und den Stil an je andere Textformen anzupassen, ohne ihn zu verlieren. Und was passiert, wenn das Posieren, sagen wir, auf 60 Prozent anschwillt und zugleich das Anbiedern auf 30? Dann haben Sie eine brauchbare Formel für Henryk M. Broder.

Wo wiederum das Bosseln an den Sätzen so maßlos wird, daß man das Massenpublikum vergrault, befindet sich der Autor auf jeden Fall in einer Gesellschaft, die ihm behagt, weil sie nicht unter seinem Niveau denkt. Deshalb kann der Prosafetischist darauf verzichten, auch bloß ein Quantum seines stilistischen Bemühens an Gefälligkeiten oder Selbstdarstellung abzugeben: Die Eigenherrlichkeit der Sätze ist die des Autors, das Pflastern der Absätze mit Anspielungen, Halbzitaten und Doppeldeutigkeiten das Beste, was er seinen Lieblingslesern an Unterhaltung anzubieten hat, und des Schreibers Passion für Form und Architektur eines Textes verhindert, daß er zuviel Passion für sich selbst entwickelt. Sie können sich denken, daß ich hier von mir rede bzw. von dem, was ich in meinen Arbeiten versuche: einen Stil, der sich aus diversen Quellen speist, doch unverkennbar meiner ist, Marotten und Manierismen inbegriffen, zum Beispiel ein fatales Vergnügen an Wortspielen und Adjektiven.

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Abteilung: Litterarische Lustbarkeiten, Qualitätsjournalismus, Selbstbespiegelung, Sokolowsky anderswo | Kommentare (3) | Autor:

Schlecht kopiert

Donnerstag, 17. März 2016 1:54

Eigentlich wollte ich heute abend einen ziemlich exhibitonistischen Blogpost veröffentlichen. Darin sollte es um den Sonnenuntergang gehen, um die Eisenbahn und das Kino im weitesten, im Imax-Sinn.

Doch dann grätscht mir auf Facebook ein Professor von der FU Berlin dazwischen, als er dort (und nicht etwa hier, wo‘s hingehört) meine Einlassungen zum Neofeudalen Sloterdijk bemängelt. Unsauber ist nicht nur der Ort der Kritik gewählt, sondern dito das Argument, mit dem Bernd Ladwig mich als Dilettanten markieren will:

Facebook_Soko-Ladwig_01_redig

Warum reicht es Kritikern wie diesem, der von Sprachkritik nichts versteht, und das sind ja die meisten – warum reicht es diesen Leuten nie, jemanden als Kopisten zu schmähen? Warum muß der Kopist auch noch ein „schlechter“ sein? Weil Kritiker wie dieser Ladwig niemals Originale sein werden, immer bloß Epigonen? Der Verdacht liegt nah.

Und warum verlangen solche Stümper und Stänkerer von einem Autor, was der nie versprochen hat: ein „Florett“ zum Beispiel oder den Verzicht auf Kalauer?

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Abteilung: Selbstbespiegelung, Sokolowsky anderswo, Undichte Denker | Kommentare (5) | Autor:

Round midnight: Alptraum No. 6287

Montag, 7. März 2016 0:00

Ringing_the_elevator_alarm_(c)_Dieselducy_Andrew_R

Falls es Sie interessiert, warum ich nach 18 Uhr so ungern in Fahrstühle einsteige, obwohl ich dafür immer wieder „Hast-du-eine-Meise“-Blicke kassiere – ich finde immer wieder neue Gründe für meine Phobie. Zum Beispiel heute im Guardian:

Und wer war wieder mal schuld an dieser Horrorgeschichte? Handwerker, natürlich, Zwiebelmettbrötchenfresser, Blaumanntypen wie der Möbeltischler in „The Texas Chainsaw Massacre“:

The Gaoling district government in the north-western city of Xi’an, Shaanxi province, said on Saturday that two maintenance workers turned off the power source on 30iJanuary in a residential building after they were called to check on a glitch. However, they failed to check if anyone was inside the elevator.

Die beiden Schlauköpfe sitzen jetzt in U-Haft, aber das wird dem Opfer ihrer Expertise, einer 43-jährigen Frau, auch nicht mehr helfen. So wenig wie mir mit meiner Angst, nach 18 Uhr Fahrstühle zu benutzen. Falls überhaupt jemals wieder. Zum Glück wohne ich in der ersten Etage.

Schlafen Sie gut!

Photo: „Ringing the elevator alarm“
by Dieselducy, Andrew R (Own work) [CC BY-SA 3.0 ],
via Wikimedia Commons

Abteilung: Aufgelesen, Bored beyond belief, Round midnight, Selbstbespiegelung, Unerhört nichtig | Kommentare (2) | Autor:

Der Blogger ist schon noch da, keine Sorge …

Montag, 15. Februar 2016 18:08

Meles-meles-tracks-on-snow_(c)_James_Lindsey… und sollten Sie keine gehabt haben, bin ich nicht gram, i wo.

Bevor ich gleich wieder den Kopf in die Höhle einziehe, darf ich mitteilen, daß das, was ich in Bezug auf dieses Weblog zur Zeit tue bzw. lasse, bei manchen Tieren, Bären zum Beispiel –, ja, eben nicht Winterschlaf, sondern, Achtung!, „Winterruhe“ heißt. Das lernte ich heute morgen gemeinsam mit einem aufgeweckten Neunjährigen (was eine eigene Geschichte ist, doch die erzähle ich, wenn überhaupt, ein anderes Mal).

In dem Buch unseres neu erworbenen Wissens wird die „Winterruhe“ so beschrieben:

Das ist zwar kein richtiger Winterschlaf, aber sie schlafen trotzdem die meiste Zeit. Die Bären atmen dann nur noch ganz wenig, ihr Herz schlägt sehr langsam, und sie leben bis zum Frühjahr von ihrem Winterspeck.

Für Dachse gilt das Gleiche. Und, stellen Sie sich vor: Ich hab bestimmt um zwei Kilo, auch Altpapier, abgenommen seit Neujahr!

Nun jedoch die Schneeglöckchen in Büscheln aus dem Boden wachsen und die Amseln bereits Liebeslieder proben, werde ich mich hier wohl schon bald mehr (wow, fünf Adverbien am Stück!) regen.

PS. Eine aufrichtige Bitte um Entschuldigung für meine „Bärenhäuterei“ (Schopenhauper, u. a. Par. und Par. II) und das daraus folgende, elend lange Nichtveröffentlichen ihrer interessanten Kommentare geht an Ted Eichinger und Kai Pichmann. Sie kommt hoffentlich an.

Photo: „Meles meles tracks on snow“ by
James Lindsey at Ecology of Commanster [CC BY-SA 2.5 or CC BY-SA 3.0],
via Wikimedia Commons

Abteilung: Bored beyond belief, Selbstbespiegelung | Kommentare (3) | Autor:

2016: Sokolowsky schaut voraus

Dienstag, 5. Januar 2016 22:38

Augen_auf_(c)_Kay_Sokolowsky

Ich weiß natürlich genausowenig wie Sie, liebe Leserin, lieber Leser, was in den nächsten 361 Tagen auf uns zukommt. Aber mit den Jahren – von denen ich inzwischen einen ordentlichen Haufen zusammen habe – lernt der Mensch, die Zeichen zu deuten, die sich zeigen, wenn das Vergangene an der Schwelle zum Zukünftigen hockt, das heißt, so um Silvester herum.

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Abteilung: Bored beyond belief, Kaputtalismus, Selbstbespiegelung, Stadtstreicherei, Unerhört nichtig | Kommentare (0) | Autor: