Archiv für die Abteilung 'Sokolowsky anderswo'

Leert eure goldenen Becher zu Grund

Mittwoch, 29. Juni 2022 12:55

„Dunkel“, singt Mahlers „Lied von der Erde“, „ist das Leben“. Und wie dunkel zumal jetzt. Hätten nämlich das Schicksal und der Gott, den es nicht gibt, es gut mit ihm gemeint, wäre der einzigartige Dichter, Tonkünstler, Graphiker und Weltbetrachter Ror Wolf heute 90 Jahre alt geworden, und ich ließe es mir nicht nehmen, ihm – in welchem Rahmen auch immer – zu gratulieren.

Wie arg dieser sehr große Mann, dieses Genie, diese Ausnahmeerscheinung der deutschsprachigen Literatur fehlt, wie sehr ich den Meister und Freund vermisse: Darüber schreibe ich im Juliheft von KONKRET ausführlich. Weit schöner und erheblicher freilich ist der Beitrag des Verlags Schöffling & Co. zum Wolf-Jubiläum.

Die unterschiedlichen Folgen der Phantasie öffnet in das Herz und die Seele Ror Wolfs einen Blick, der mich bei der Lektüre immer wieder vor Schmerz und Glück seufzen ließ (auch darüber mehr in KONKRET). Ich hänge mich bestimmt nicht aus dem Fenster, wenn ich feststelle: Dies ist die bedeutendste literarische Entdeckung des Jahres, eine Sensation, eine Fundgrube, ein schieres Wunder an Selbstbeobachtung, Lebenserörterung und Sprachkunst.

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Wenn all dies vorbei ist

Samstag, 11. Dezember 2021 18:00

In grauer Vorzeit, als der Begriff „soziales Netzwerk“ noch nicht von Facebook, Twitter, Instagram, Tiktok usw. usurpiert und verdreckt wurde, stand für eine wahrhaft freie soziale Vernetzung vor allem die „Blogosphäre“. Autoren, die unzensiert, in eigener Regie, unbelastet von „Likes“ und dubiosen Algorithmen Weblogs publizierten, verwiesen auf andere Autoren, die ebenfalls ihr eigenes Ding drehten, formten Allianzen auf Zeit, waren Sender und Empfänger zugleich. Es gab keine Einmischung durch anonyme Bots, und der illiterate Mob, der sich heute bei Facebook, Twitter, Instagram, Tiktok usw. auskotzt, blieb vor der Tür, weil die Schwelle zu einem selbstverwalteten Blog den meisten Mobstern ebenso zu hoch ist wie eine ordentliche Grammatik oder ein genuiner Gedanke.

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Abteilung: Litterarische Lustbarkeiten, SARS-CoV-2, Sokolowsky anderswo | Kommentare (3) | Autor:

Ich sing mir eins (Nachtrag)

Donnerstag, 29. Juli 2021 0:09

Das Schönste an einem Geburtstag ist auch für einen alten Zausel wie mich immer noch (bzw. immer mehr), Gaben zu empfangen, die von Herzen kommen und zu Herzen gehen. Deshalb muß ich Ihnen, liebe Leserin, werter Leser, unbedingt zeigen, was ich am Morgen des 24. Juli 2021 auspacken durfte – nämlich THE BEST BIRTHDAY CARD EVER (from the best Martina ever):

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Soko knows best

Montag, 18. Januar 2021 21:03

Es gibt zwei Kategorien von Menschen – die einen sind Besserwisser, die anderen wissen es besser. Zu welcher Kategorie ich mich selber zähle, können Sie, liebe Leserin, werter Leser, sich sicherlich vorstellen. Ich kann aber auch belegen, warum ich so furchtbar schlau bin. (Jedenfalls in Angelegenheiten der Trivialpolitik.)

Wie ich bereits bei anderer Gelegenheit ausführte, striche ich ein hübsches Taschengeld ein, wären Wetten auf Parteienpersonal legal. Wo amtlich zertifizierte Qual.journalisten sich – aus Dummheit und/oder Vermessenheit – regelmäßig mit Schmackes vertun, wenn es um parteipolitische Casting-Shows geht, liege ich in der Regel goldrichtig.

So nun auch im Fall eines Mannes, der so gerne König wäre, der immer & immer wieder die Fresse weit aufreißt und sich dabei immer & immer wieder verschluckt, kurz, Friedrich Merz.

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DRECK – Das Making-of

Samstag, 11. April 2020 8:00

© DRECK-Magazin


Es gibt in diesen extratrüben Tagen auch Erhellendes, Erfreuliches, Erbauliches. Es gibt, zum Beispiel, das neue DRECK. Nach 32 Jahren Funkstille haben die „Super-Redakteure“ Christian Y. Schmidt, Rüdiger Stanko, Fritz Tietz
und Hans Zippert endlich wieder kollaboriert und ihr ziemlich legendäres Magazin für „fiktiven Journalismus“ neu aufgelegt.

Was von diesem Relaunch zu halten ist (vorab so viel: sehr viel), habe ich ausführlich für die heutige Ausgabe der „jungen Welt“ aufgeschrieben. Wie es zu DRECK 16 kam und welche Wackersteine gerollt werden mußten, um dies Prachtstück zu errichten, hat Fritz Tietz mir in einem gründlichen E-Mail-Interview geschildert.

Wer keine Lust hat (wehe!), diesen hochinteressanten Werkstattbericht zu lesen, befolge bitte trotzdem meine Order und hole sich DRECK ins Haus!

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He’s here, there, everywhere: Ror Wolf

Freitag, 21. Februar 2020 23:32


Was ich vom bourgeoisen Preßwesen halte, habe ich oft genug gesagt, ich will es heute nicht wiederholen. Es war jedenfalls keine Überraschung für mich, daß viele Artikel zum Tod Ror Wolfs lieb- und kenntnislose Pflichtübungen waren, aus Textbausteinen zusammengehauener Wortmüll, luschig redigiert und fehlerhaft wie das Gewerbe an sich.

Zum Glück hatte die Regel auch Ausnahmen – etwa Helmut Böttigers berührenden Abgesang im Deutschlandfunk. So etwas hilft, das gedankenarme Geräusch anderswo sogleich wieder zu vergessen, diesen Schwallqualm, der einem die dunklen Stunden sonst noch mehr verfinsterte.

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Matinee mit Mozart

Freitag, 15. November 2019 17:51



Die folgende Liebeserklärung an den unvergleichlichen Filmkünstler Martin Scorsese erschien erstmals in KONKRET 5/2000, anläßlich der deutschen Premiere von „Bringing Out the Dead“. Aus Anlaß des neuen, vermutlich finalen Spielfilms des einzigartigen Kinogenies Scorsese, „The Irishman“, hat Kay Sokolowsky den alten Aufsatz aus dem Dateidschungel geborgen, durchgeflöht und (von Kleinigkeiten abgesehen) für sehr gut erhalten befunden.
Sokolowskys (selbstredend hymnische) Besprechung des „Irishman“ finden Sie übrigens im befreundeten Weblog „Die Nacht der lebenden Texte“.
Der Abfall-Admin

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Hüter des Schreins
Ich kann über Martin Scorsese nicht reden, ohne persönlich zu werden. Kein anderer Regisseur, dessen Werke mir ebenso viel bedeuten, dessen ästhetisches Programm mir gleich einleuchtet, dessen Blick auf die Welt und ihre Einwohner ich mir mit ähnlicher Passion angeeignet habe. Vor anderen, und gar nicht einmal wenigen, Regisseuren rutsche ich ehrfürchtig auf den Knien. Vor, mindestens, fünf liege ich anbetend auf dem Bauch. Mein Pantheon ist wirklich gut bestückt. Aber neben diesem kleinen, asthmatischen, freundlichen, wütenden Italoamerikaner schrumpfen all die Götterbilder, selbst Kubrick, Ford, Hitchcock, Spielberg und Eisenstein, zu Götzen. Ihn, Marty, liebe ich; ich liebe ihn wie, mindestens, Frau von Bingen ihren mystischen Bräutigam.

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Abteilung: Director's Cut, Moving Movies, Selbstbespiegelung, Sokolowsky anderswo | Kommentare (7) | Autor:

Schnipsel: Politur und Kultik

Montag, 8. April 2019 23:22

Anti-Trumputin-Demo, Los Angeles, 21.1.2017

Das Rußlandtor ist geschlossen
Die populärste Verschwörungstheorie des laufenden Jahrzehnts hat sich erledigt. Eine Narretei globalen Ausmaßes, ein auf nichts als Spekulation, Gerücht, Chauvinismus, Idiotie und Fake News beruhendes Komplottmärchen namens „Russiagate“ ist als der Quatsch erwiesen, der es von Beginn an war. Die Riesenhysterie um einen vermeintlichen Deal des Kreml mit Donald Trump zwecks Präsidentenwahl war blanker Wahn. Was nun bleibt, sind die Trümmer der „vierten Gewalt“, die Leichenteile einer Demokratie und zahllose belämmerte Gesichter. Es bleibt aber auch (und das sollte uns alle sorgen) trotz der Blamage der „Russiagater“ eine „Doomsday Clock“, die auf zwei Minuten vor der ewigen Mitternacht steht.

Vor drei Wochen übergab Sonderermittler Robert Mueller dem US-Generalstaatsanwalt William Barr, was er, Mueller, an Erkenntnissen und Dokumenten betreffs einer „Collusion“ des Trump-Teams mit Putin zusammengetragen hatte. Es war so gut wie nichts. Barr teilte am 24. März dem US-Senat und -Kongreß sowie dem Rest der Welt mit:

The Special Counsel’s investigation did not find that the Trump campaign or anyone associated with it conspired or coordinated with Russia in its efforts to influence the 2016 U.S. presidential election.

Das kann nur für jene eine Überraschung sein, die sich die Hose mit der Kneifzange anziehen bzw. glauben, ihre Art Journalismus habe Qualität, bloß weil sie es penetrant behaupten. Die anderen, die leider viel zu wenigen Journalisten, die von Beginn an rochen, daß an „Russiagate“ was faul ist, wurden entweder von der Qual.presse totgeschwiegen oder, wenn sie nicht so leicht zum Schweigen gebracht werden konnten – wie zumal Glenn Greenwald – unter den Verdacht gestellt, ebensolche Kremlsklaven zu sein wie das Mons-Trump (Pardon für den Kalauer).

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Abteilung: Inside "Abfall", Kaputtalismus, Musicalische Ergetzungen, Qualitätsjournalismus, Schnipsel, Sokolowsky anderswo | Kommentare (9) | Autor: